Dr. Michael Nugel, Sebastian Gutt
Rz. 243
Der Geschädigte ist bei der Auswahl des Sachverständigen grundsätzlich frei. Ein Verschulden des Gutachters hat er grundsätzlich nicht zu vertreten, da der Gutachter nicht der Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist und sein Fehlverhalten bei einer direkten Beauftragung durch den Schädiger diesen genauso treffen würde.
Rz. 244
Muster 8.62: Kein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen
Muster 8.62: Kein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen
Die begehrten Sachverständigenkosten sind zu erstatten, selbst wenn das Gutachten objektiv fehlerhaft sein sollte. Grundsätzlich ist der Schädiger bzw. sein Kfz-Haftpflichtversicherer nur dann dazu berechtigt, den Ausgleich der in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten abzulehnen, wenn das Gutachten als neutrale Abrechnungsgrundlage nicht geeignet ist und die falschen bzw. unbrauchbaren Angaben auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Geschädigten zurückzuführen sind (OLG Hamm r+s 1993, 102; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.2.2008 – I-1 U 181/07 – juris). Voraussetzung dafür ist, dass dem Geschädigten ein eigenes Verschulden zur Last fällt, das für das mangelhafte Gutachten ursächlich ist. Dabei kann es sich um ein Ausfallverschulden oder um falsche Angaben gegenüber dem Sachverständigen handeln (OLG Hamm, Urt. v. 13.4.1999 – 27 U 278/98 – juris). Ein Auswahlverschulden scheidet von vornherein aus, wenn der beauftragte Sachverständige über eine technische Ausbildung verfügt und seit mehreren Jahren in der Kfz-Branche tätig ist (LG Düsseldorf zfs 2000, 538).
Dieses vorausgeschickt zeigt sich, dass vorliegend ein Auswahlverschulden nicht ersichtlich ist. Es wurde ein seit vielen Jahren in Verkehrsunfallangelegenheiten tätiger und erfahrener Sachverständiger beauftragt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Sachverständige ggf. ein angeblich mangelbehaftetes Gutachten erstellt, bestanden zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht. Die begehrten Gutachterkosten sind zu erstatten.
Rz. 245
Unter Umständen kann der Erstattung der Gutachterkosten jedoch entgegenstehen, dass den Geschädigten ein Verschulden bei der Auswahl oder der Information des Sachverständigen über relevante Vorschäden am Fahrzeug trifft. Unter Umständen kann der Erstattung der Gutachterkosten jedoch entgegenstehen, dass den Geschädigten ein Verschulden bei der Auswahl oder der Information des Sachverständigen über relevante Vorschäden am Fahrzeug trifft oder das Gutachten aufgrund gravierender Mängel völlig unbrauchbar ist.
a) Gravierende Mängel
Rz. 246
Gravierende Mängel in dem Gutachten werden in der Praxis eher selten von den Gerichten angenommen und dem Geschädigten regelmäßig kein Auswahlverschulden angelastet (siehe Rdn 243).
Argumentiert werden könnte, insbesondere wenn man den Versicherer vertritt, dass der Geschädigte keine Nachteile hat, wenn die Übernahme der Gutachterkosten bei gravierenden Mängeln abgelehnt wird. Denn der Geschädigte hat ggf. die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten, §§ 633, 634 Nr. 3, 323 Abs. 1, 636 BGB. Das setzt aber voraus, dass der Gutachter den Geschädigten noch nicht zur Zahlung aufgefordert und dieser auch noch nicht gezahlt hat. Diese Entscheidung des OLG Hamm ist allerdings nicht unproblematisch. Sie führt dazu, dass dem Geschädigten abgenötigt wird, zu prüfen, ob die Einwände des Schädigers/dessen Haftpflichtversicherers bzgl. der Brauchbarkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens stichhaltig sind oder nicht. Das wird nur durch ein weiteres Gutachten zu klären sein.
Rz. 247
Muster 8.63: Kein Anspruch auf Freistellung von den Sachverständigenkosten
Muster 8.63: Kein Anspruch auf Freistellung von den Sachverständigenkosten
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Freistellung von den Sachverständigenkosten für das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten.
Der Kläger sieht sich keines durchsetzungsfähigen Vergütungsanspruchs des Sachverständigen gem. § 631 BGB ausgesetzt. Aufgrund der festgestellten und gravierenden Mängel in dem Gutachten des Sachverständigen _________________________ hat der Kläger die Möglichkeit, vom Werkvertrag zurückzutreten. Der Kläger ist dem Sachverständigen gegenüber daher berechtigt, gem. §§ 633, 634 Nr. 3, 323 Abs. 1, 636 BGB von dem geschlossenen Vertrag zurückzutreten oder die Werklohnleistung auf null zu mindern (OLG Hamm r+s 2017, 218.)
b) Vorschäden
Rz. 248
Der Geschädigte hat den Sachverständigen jedenfalls über Vorschäden zu informi...