Dr. Michael Nugel, Sebastian Gutt
Rz. 6
Jeder Reparaturschaden grenzt sich von dem später erörterten Totalschaden dadurch ab, dass die Reparatur des Fahrzeugs technisch möglich und wirtschaftlich vernünftig ist. Liegt dagegen ein sog. technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden vor, erhält der Geschädigte für den entstandenen Fahrzeugschaden lediglich einen Geldersatz zur Deckung des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert). Eine besondere Abrechnungsform stellt daneben die im "Grenzbereich" liegende "130 %"-Abrechnung dar.
Rz. 7
Zu beachten ist, dass sowohl die Reparatur des Fahrzeugs als auch eine Ersatzbeschaffung nach ständiger Rechtsprechung eine Form der Naturalrestitution darstellen. Dies bedeutet, dass § 249 BGB in beiden Fällen Anwendung findet. Da der Schädiger gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Geschädigten den zur Beseitigung des Schadens "erforderlichen" Betrag zu ersetzen hat, ist in beiden Fällen das sog. Wirtschaftlichkeitspostulat zu beachten. Es ist also stets zu prüfen, was ein wirtschaftlich und vernünftig denkender Geschädigter zur Beseitigung des Schadens aufwenden würde. Maßgeblich ist dann der kostengünstigste Weg. Überdies ist gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB sowohl bei der Reparatur des Fahrzeugs als auch bei einer Ersatzanschaffung die Mehrwertsteuer nur zu ersetzen, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Rz. 8
Beim konkret abgerechneten Reparaturschaden lässt der Geschädigte sein Fahrzeug i.d.R. in einer Werkstatt reparieren und beziffert den eingetretenen und auszugleichenden Schaden konkret auf der Grundlage der vorliegenden Reparaturkostenrechnung. Eine solche Abrechnung bietet sich insbesondere dann an,
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wenn das Fahrzeug verhältnismäßig neuwertig ist und/oder |
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der Geschädigte durch eine fachgerechte Reparatur sicherstellen will, dass sich das Fahrzeug auch nach der Reparatur in einem einwandfreien Zustand befindet. |
1. Ersatz höherer Reparaturkosten als ursprünglich geschätzt
Rz. 9
Schadensrechtlich stellt die Abrechnung auf konkreter Reparaturkostenbasis den klassischen Anwendungsfall der Differenzhypothese dar. Der Geschädigte erhält denjenigen Betrag vom Schädiger ersetzt, den er konkret aufgewendet hat. Durch die fachgerechte Reparatur seines Fahrzeugs wird der Geschädigte grundsätzlich weder besser noch schlechter gestellt als ohne das schadenbegründende Ereignis. Dies kann auch dann gelten, wenn der Betrag der Reparaturkosten von den Kosten abweicht, die ursprünglich als erforderlich angesehen werden. Hier ist aber ggf. eine gesonderte Begründung erforderlich.
Rz. 10
Muster 8.1: Geltendmachung konkreter Reparaturkosten oberhalb der Schadensschätzung
Muster 8.1: Geltendmachung konkreter Reparaturkosten oberhalb der Schadensschätzung
_________________________ Versicherung AG
_________________________
_________________________
Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________
Schaden vom _________________________
Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie bereits mitgeteilt, hat meine Mandantschaft das beschädigte Fahrzeug in der Fachwerkstatt der Fa. _________________________ instand setzen lassen. Ausweislich der in der Anlage beigefügten Reparaturkostenrechnung beliefen sich die Reparaturkosten auf _________________________ (brutto). Insoweit ist zu beachten, dass das eingeholte Gutachten lediglich einen ersten Schätzwert bildet und dass der tatsächliche Aufwand eine zuverlässigere Auskunft über den erforderlichen Herstellungsaufwand gibt (BGH NJW 1989, 3009; vgl. auch BGH, Urt. v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13 = VersR 2014, 214). Soweit die tatsächlichen Reparaturkosten von den Angaben des Sachverständigen abweichen, ist dies darauf zurückzuführen, dass sich der Gutachter hinsichtlich der voraussichtlichen Reparaturkosten verschätzt hat. Erst bei der Reparatur des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass die im Gutachten angeführten Schäden im Bereich _________________________ einen weiteren Instandsetzungsaufwand rechtfertigen.
Wegen der näheren Einzelheiten verweise ich auf die als Anlage beigefügte Rechnung der Werkstatt, in der die konkret notwendigen Reparaturarbeiten im Einzelnen angeführt sind. Fest steht daher, dass es sich bei den von der Fa. _________________________ verursachten Reparaturkosten um den zur Wiederherstellung "erforderlichen Geldbetrag" i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB handelt. Es wird um Ausgleich eines Betrages in Höhe von _________________________ EUR binnen der nächsten _________________________ Tage bis zum
_________________________
gebeten.
Mit freundlichen Grüßen
(Rechtsanwalt)
2. Abzug einer Wertverbesserung ("Neu für Alt")
Rz. 11
Der Grundsatz, dass der Geschädigte durch die Abrechnung des Fahrzeugschadens auf Reparaturkostenbasis nicht mehr und nicht weniger erhält als ihm zusteht, gilt dort nicht mehr, wo sein Fahrzeug durch die Reparatur eine We...