Rz. 461
Die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG erhält der Anwalt in jeder Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 S. 1 RVG) gesondert. Wird der Anwalt für mehrere Auftraggeber tätig, so liegt in der Regel nur eine Angelegenheit vor (§ 7 Abs. 1 RVG).
aa) Grundsatz
Rz. 462
Wann eine Angelegenheit vorliegt und wann mehrere Angelegenheiten gegeben sind, richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Ist der Anwalt außergerichtlich tätig, so ist von einer einheitlichen Angelegenheit auszugehen, wenn der Tätigkeit des Anwalts
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ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt, |
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die Tätigkeit des Anwalts sich im gleichen Rahmen hält und |
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zwischen den einzelnen Handlungen oder Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit ein innerer Zusammenhang besteht (ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, § 15 Rn 21 ff.). |
bb) Regulierung des Haftpflichtschadens und die Regulierung des Kaskoschadens
Rz. 463
Die Regulierung des Haftpflichtschadens und die Regulierung des Kaskoschadens stellen zwei verschiedene Angelegenheiten dar. Muss z.B. der Kaskoversicherer in Anspruch genommen werden, weil der Haftpflichtversicherer sich mit der Zahlung in Verzug befindet oder weil er darauf verweist, leistungsfrei zu sein und der Geschädigte vorrangig seinen Kaskoversicherer in Anspruch nehmen muss, und wird daraufhin der Anwalt mit der Kaskoregulierung beauftragt, liegt eine zweite selbstständige Gebührenangelegenheit vor, die gesondert zu vergüten ist (OLG Zweibrücken AnwBl 1968, 363; OLG Hamm AnwBl 1983, 141; LG Flensburg JurBüro 1986, 723; AG Lippstadt AnwBl 1966, 405; 1967, 67; AG Erfurt zfs 1999, 31; AnwK-RVG/N. Schneider, § 13 Rn 34, 66; ausführlich auch N. Schneider, Haftpflicht- und Kaskoabrechnung – zwei verschiedene Angelegenheiten, AGS 2003, 292; a.A. AG Bad Homburg zfs 1987, 173). Soweit der Haftpflichtversicherer dem Grunde nach haftet, muss er auch diese doppelten Regulierungskosten übernehmen, da sie adäquate Schadensfolge sind (vgl. dazu oben Rdn 438 ff.).
cc) Streitigkeiten mit dem eigenen Haftpflichtversicherer
Rz. 464
Kommt es zu Streitigkeiten mit dem eigenen Kfz-Haftpflichtversicherer des Mandanten, z.B. wegen einer Regressforderung aufgrund einer vom Versicherer behaupteten Obliegenheitsverletzung, so handelt es sich hierbei ebenfalls um eine selbstständige Angelegenheit (versicherungsvertragsrechtlicher Art), zu trennen von der Geltendmachung von Schadensersatz beim gegnerischen Haftpflichtversicherer. Zur Problematik des Vorliegens eines diesbezüglichen Versicherungsfalls in der Rechtsschutzversicherung vgl. die Ausführungen unten (siehe § 13 Rdn 420 ff.).
dd) Abänderung einer Schadensrente
Rz. 465
Verschiedene Angelegenheiten liegen auch dann vor, wenn der Anwalt eine Unfallrente ausgehandelt hat und er später mit der Abänderung der Rente beauftragt wird (AG Siegburg AGS 2003, 345, m. Anm. N. Schneider; ebenso bereits LG Kleve AnwBl 1981, 509; AnwK-RVG-N. Schneider, § 15 Rn 66).
ee) Mehrere Schäden aus demselben Ereignis
Rz. 466
Mehrere Angelegenheiten können auch dann vorliegen, wenn der Anwalt aus demselben Schadensereignis sukzessive beauftragt wird, die Schäden an verschiedenen Fahrzeugen zu regulieren (AG Herborn AGS 2003, 447 m Anm. N. Schneider = zfs 2003, 361).