Isabelle Losch, Walter Krug
Rz. 107
Der Notar unterliegt gem. § 18 Abs. 1 S. 1 BNotO der Schweigepflicht. Dies bedeutet, dass der Notar zu Umständen der Beurkundung, u.a. über seine Wahrnehmungen betreffend die Geschäfts- und Testierfähigkeit, vor Gericht oder gegenüber einem Beteiligten außerhalb eines Rechtsstreits erst Angaben machen kann, wenn er von der Schweigepflicht entbunden worden ist. Das Zeugnisverweigerungsrecht des Notars gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO umfasst sowohl Umstände der Beurkundungsverhandlung als auch schriftliche Änderungsvorschläge, die dem Notar zur Vorbereitung des Beurkundungstermins übersandt wurden. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese Schriftstücke vor der Beurkundung anderen Urkundsbeteiligten oder ihren anwaltlichen Vertretern zugänglich gemacht werden sollten.
Rz. 108
Die Entbindung von der Schweigepflicht erfolgt gem. § 18 Abs. 2 BNotO in der Regel durch die Beurkundungsbeteiligten selbst. Kann die Entbindungserklärung von einem Beteiligten nicht beigebracht werden, da dieser verstorben ist oder eine Äußerung von ihm nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten erlangt werden kann, so kann der Notar stattdessen von der Aufsichtsbehörde, gem. § 92 BNotO der Präsident des Landgerichts, der Präsident des Oberlandesgerichtes oder der Landesjustizverwaltung, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, von der Schweigepflicht entbunden werden.
Rz. 109
Gerade bei außergerichtlicher Streitschlichtung, etwa durch einen Testamentsauslegungsvertrag (Erbschaftsvergleich), aber auch bei einem Erbschaftsschiedsgericht kommt die Einholung einer Auskunft bei dem Notar in Betracht, der eine Verfügung von Todes wegen beurkundet hat. Auch in diesen Fällen ist eine Befreiung des Notars von der Schweigepflicht erforderlich, aber auch möglich.
Praxistipp
In Baden-Württemberg gab es bis zum 31.12.2017 auch beamtete Notare (vgl. § 117 BNotO a.F.). Diese waren nicht nur von der Schweigepflicht gem. § 18 BNotO zu befreien, sondern auch von der beamtenrechtlichen Schweigepflicht nach § 37 Abs. 1 BeamtStG. Dafür ist der Dienstherr gem. § 37 Abs. 3 S. 2 BeamtStG zuständig. Mit Beendigung des Dienstverhältnisses bleibt gem. § 37 Abs. 1 S. 2 BeamtStG die Verschwiegenheitspflicht über dienstliche Angelegenheiten bestehen. Ehemalige Beamte müssen somit auch nach ihrer Entlassung grundsätzlich zusätzlich von ihrem letzten Dienstherrn von der Schweigepflicht entbunden werden. Seit dem 1.1.2018 werden auch die Notare in Baden-Württemberg gem. § 3 BNotO bestellt, daneben sind die Vorschriften des § 117 Abs. 2–7 BNotO zu beachten.
Vereinzelt geht die Rechtsprechung davon aus, dass bezüglich der Fragen der Geschäfts- und Testierfähigkeit sowie der sonstigen Umstände über das Zustandekommen einer Verfügung von Todes wegen von einer stillschweigenden Entbindung des Notars und eines Rechtsanwalts von ihrer Schweigepflicht von Seiten des Erblassers ausgegangen werden könne. Dies erscheint jedoch zu weitgehend. Gerade bei der Verschwiegenheitspflicht des Notars wird in der Praxis grundsätzlich die Befreiungsmöglichkeit durch die Aufsichtsbehörde gem. § 18 BNotO wahrgenommen.