Rz. 148
Fallgruppen, in denen die Rechtsprechung mutwilliges Verhalten bejaht und die VKH abgelehnt hat:
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Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt; keine Aufforderung, kostenfrei entsprechende Urkunde beim Jugendamt zu errichten; |
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Antrag auf Kindesunterhalt (für ein minderjähriges Kind), obwohl der Anspruch im vereinfachten Verfahren auf Festsetzung des Kindesunterhalts hätte geltend gemacht werden können; |
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vierter Scheidungsantrag, der drei Monate nach Rücknahme des dritten Scheidungsantrags gestellt wurde, ohne dass ein entsprechender Versöhnungsversuch unternommen wurde. |
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Ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe im Rahmen einer Ehesache ist nach Ansicht des OLG Dresden nicht mutwillig, wenn dort auch über den Versorgungsausgleich entschieden wird. |
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Ein eigener Scheidungsantrag durch den Antragsgegner wird für sinnvoll gehalten, weil auf diese Weise einer einseitigen Beendigung des Verfahrens durch den Antragsteller vorgebeugt werden kann. |
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Verfahrenskostenhilfe/Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bei zweitinstanzlichem Vortrag, der in erster Instanz hätte erfolgen können. |
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Verfahrenskostenhilfeantrag für einen Antrag auf Zahlung des höchsten denkbaren Unterhaltsbetrages begehrt, ohne – unter zunächst vorsichtiger Schätzung der Höhe des Unterhaltsanspruchs – im Wege des Stufenantrags zunächst einen Anspruch auf Auskunftserteilung geltend zu machen. |
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Scheidungsverfahren vor Ablauf des Trennungsjahres, in dem Härtegründe nicht geltend gemacht werden, kommt eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) nicht in Betracht. |
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kein Versuch der gütlichen Einigung mit Vaterschaftsanerkennung beim Jugendamt durch Kindesvater (Ausnahme: erkennbar aussichtslos) |
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Antrag auf Umgangsregelung, ohne zuvor die Beratung oder Unterstützung durch das Jugendamt angefordert zu haben, jedoch nur, wenn nach den konkreten Umständen im Einzelfall aussichtsreiche Möglichkeiten einer vorgerichtlichen Verständigung bestanden, die nicht genutzt wurden. |
Rz. 149
Ein VKH-Antrag in Sorge- und Umgangsrechtssachen vor Inanspruchnahme einer Beratung und Vermittlung durch das Jugendamt ist nicht mutwillig, wenn eine Beratung durch das Jugendamt oder eine andere Beratungsstelle nicht sinnvoll genutzt werden kann, weil nicht beide Eltern hierzu bereit oder tatsächlich in der Lage sind.
Rz. 150
Auch die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgesache außerhalb des Verbundverfahrens ist dabei nach Ansicht des BGH grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne des § 114 ZPO. Grundlage dieser Entscheidung waren zwei nach rechtskräftigem Abschluss der Scheidung anhängig gemachte Zugewinnausgleichsverfahren. Der BGH verneinte eine Mutwilligkeit, weil es nicht auf die insgesamt anfallenden Kosten ankomme, sondern darauf, ob ein nicht bedürftiger Auftraggeber aus Kostengesichtspunkten von einer isolierten Geltendmachung der Folgesache in der Regel absehen würde. Eine kostenbewusste vermögende Person würde in erster Linie die sie betreffenden Kosten beachten. Dabei sei, so der BGH zu berücksichtigen, dass bei einer Entscheidung im Verbund in der Regel die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO, wohingegen bei isoliertem ZPO-Verfahren ein Kostenerstattungsanspruch nach § 91 ZPO besteht. Bei einer Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Gegner ist die getrennte Geltendmachung darüber hinaus kostengünstiger für die Landeskasse. Nach Ansicht des BGH darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass auch das Interesse an einer zügigen Scheidung diese Vorgehensweise rechtfertigen kann. Zur Kostenerstattung nach dem FamFG siehe § 9 Rdn 1 ff.
Rz. 151
Zahlreiche überzeugende Gründe, die gegen eine Mutwilligkeit bei isolierter Geltendmachung von Ansprüchen sprechen, wie z.B. ein möglicher Zinsverlust bei lange andauerndem Verbundverfahren, das Interesse der Ehegatten an einer zügigen rechtskräftigen Scheidung im Hinblick auf die erhoffte außergerichtliche Erledigung restlicher Streitpunkte etc. finden sich mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen bei Kindermann.
Rz. 152
Die getrennte Geltendmachung des Sorge- und Umgangsrechts in verschiedenen Verfahren ist dann nicht mutwillig, wenn ein sachlicher Grund (hier: größere Eilbedürftigkeit der Regelung des Umgangs gegenüber der Sorgerechtsregelung) für die getrennte Einleitung der Verfahren vorliegt. Dabei ist die Frage der Mutwilligkeit vom Richter und nicht erst im Vergütungsfestsetzungsverfahren durch den Kostenbeamten zu prüfen.
Rz. 153
Die Anfechtung der Vaterschaft durch den rechtlichen Vater ist nicht mutwillig, auch wenn er sich im vorangegangenen Anfechtungsverfahren des biologischen Vaters zu dem Kind bekannt hat. Die Vollstreckung einer nach § 1598a BGB titulierten Einwilligung in eine Abstammungsuntersuchung hindert die Bewilligung von VKH nicht, da dies nicht per se mutwillig ist. Dabei sind für mehrere Kinder mehrere Anfechtungsanträge desselben rechtlichen Vaters wegen § 179 Abs. 2 FamFG gr...