Rz. 75
Nach § 12 GBO ist die Einsicht in das Grundbuch jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Dieses Einsichtsrecht erstreckt sich auch auf Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, des Weiteren auf noch nicht erledigte Eintragungs- und Löschungsanträge.
Rz. 76
Der Begriff "berechtigtes Interesse" ist umfassender als der des "rechtlichen Interesses". Ausreichend ist, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Sachliche Gründe, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen, reichen aus. Gläubiger sind immer zur Einsicht in das Grundbuch berechtigt, gleichgültig, ob sie bereits einen Vollstreckungstitel erwirkt haben oder nicht. Aus der Gläubigerstellung des Pflichtteilsberechtigten folgt, dass dieser einen inhaltlich unbeschränkten Anspruch auf Grundbucheinsicht hat. Ein möglicher zukünftiger Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch und die mögliche künftige Stellung als gesetzlicher Erbe geben kein Recht auf Einsicht des Grundbuchs.
Rz. 77
Dem Pflichtteilsberechtigten als Forderungsgläubiger ist ein berechtigtes Interesse zuzusprechen, Auskunft über den Immobilienbestand des Nachlasses zu erhalten. Dies gilt auch im Hinblick auf einen etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Erblasser ein Grundstück noch zu Lebzeiten veräußert hat, sofern die Veräußerung vollständig oder teilweise aufgrund einer Schenkung erfolgte. Die Einsichtnahme kann nicht mit der Begründung versagt werden, es mangele an einer Unentgeltlichkeit des Geschäfts. Der Pflichtteilsberechtigte muss selbst prüfen können, ob es Anhaltspunkte für eine teilunentgeltliche Übertragung gibt. Er hat damit ein Einsichtsrecht sowohl in das Grundbuch als auch in den dem jeweiligen Eintrag zugrundeliegenden Übergabe- und Schenkungsvertrag. Dem Pflichtteilsberechtigten steht jedoch nur dann ein Einsichtsrecht zu, sofern seine Pflichtteilsansprüche bereits entstanden sind. Vor dem Erbfall begründen zukünftige Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben oder einen Beschenkten kein Recht zur Grundbucheinsicht, da der Pflichtteilsanspruch erst mit dem Erbfall entsteht.
Rz. 78
Unbeachtlich ist, dass dem Pflichtteilsberechtigten auch ein Anspruch gem. § 2314 BGB gegenüber dem Erben mit demselben Auskunftsbegehren zusteht. Dieser zivilrechtliche Auskunftsanspruch kann dem öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch der §§ 12, 12a GBO nicht entgegenstehen oder diesen ausschließen.
Rz. 79
Nach § 12 Abs. 2 GBO können beglaubigte oder unbeglaubigte Abschriften verlangt werden. Ergänzt wird § 12 GBO durch §§ 43 bis 46 GBV.
§ 46 GBV
(1) Die Einsicht von Grundakten ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt, auch soweit es sich nicht um die in § 12 Abs. 1 Satz 2 der Grundbuchordnung bezeichneten Urkunden handelt.
(2) Die Vorschrift des § 43 ist auf die Einsicht von Grundakten entsprechend anzuwenden.
(3) Soweit die Einsicht gestattet ist, kann eine Abschrift verlangt werden, die auf Antrag auch zu beglaubigen ist. Die Abschrift kann dem Antragsteller auch elektronisch übermittelt werden.
Rz. 80
Nach § 12a GBO dürfen die Grundbuchämter auch Verzeichnisse der Grundstückseigentümer und der Grundstücke führen. Auch in diese Verzeichnisse kann Einsicht genommen werden, sofern sie öffentlich zugänglich gemacht sind und ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 12 GBO dargelegt ist.
Rz. 81
Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen dem Einsichtsrecht nicht entgegen. § 1 Abs. 2 BDSG bestimmt, dass andere Rechtsvorschriften – hier § 12 GBO i.V.m. § 46 GBV – den Vorschriften des Datenschutzgesetzes vorgehen.