Rz. 1
Wird der Anwalt in einem der in § 17 Nr. 7 RVG genannten Güte- oder Schlichtungsverfahren tätig, handelt es sich um eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Dies gilt sowohl gegenüber der vorangegangenen außergerichtlichen Vertretung als auch gegenüber einem nachfolgenden Rechtsstreit. Insgesamt können insoweit also drei Angelegenheiten gegeben sein, nämlich
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außergerichtliche Vertretung, |
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Vertretung im Güte- oder Schlichtungsverfahren und |
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Vertretung im Rechtsstreit. |
In allen drei Angelegenheiten erhält der Anwalt seine Vergütung gesondert, insbesondere auch eine gesonderte Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV.
Rz. 2
Für seine Tätigkeit in einem der genannten Güte- oder Schlichtungsverfahren erhält der Anwalt zunächst einmal eine 1,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV. Im Gegensatz zur Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV steht dem Anwalt kein Satzrahmen zur Verfügung. Der Gebührensatz steht fest. Auch eine Schwellengebühr (Anm. zu Nr. 2300 VV) ist hier nicht vorgesehen. Die 1,5-Gebühr entsteht daher auch, wenn die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig war. Ebenso wenig ist eine geringere Gebühr für ein einfaches Schreiben (Nr. 2301 VV) vorgesehen.
Rz. 3
Ebenso wenig ist eine Reduzierung dieser Gebühr vorgesehen, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt. Auch eine der Nr. 3101 Nr. 1 VV vergleichbare Vorschrift fehlt. Es bleibt daher auch hier immer bei einer 1,5-Geschäftsgebühr.
Rz. 4
Möglich ist allerdings die Erhöhung der Gebühr nach Nr. 1008 VV bei Vertretung mehrerer Auftraggeber.
Rz. 5
Die 1,5-Geschäftsgebühr erhält der Anwalt auch dann, wenn in das Schlichtungsverfahren weiter gehende Gegenstände mit einbezogen werden, etwa zum Abschluss einer Einigung oder wenn weiter gehende Gegenstände zum Zwecke der Einigung miterörtert oder verhandelt werden. Eine Geschäfts-Differenzgebühr ähnlich der Verfahrens-Differenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV kennt Nr. 2303 VV nicht, sodass diese nach dem vollen Wert sämtlicher Gegenstände abzurechnen ist.
Rz. 6
Nimmt der Anwalt am Gütetermin teil, entsteht hierfür keine weitere Vergütung; insbesondere ist eine Terminsgebühr in Teil 2 VV nicht vorgesehen. Die Terminsgebühr nach Teil 3 VV wiederum ist nicht anwendbar (Vorbem. 3 Abs. 1 VV), da noch kein unbedingter Auftrag für das nachfolgende gerichtliche Verfahren besteht, sondern allenfalls ein bedingter Auftrag (§ 158 BGB) für den Fall der Fruchtlosigkeit des Güte- oder Schlichtungsverfahrens.
Rz. 7
Zur Geschäftsgebühr hinzukommen kann allerdings eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV, wenn eine Einigung getroffen wird.
Rz. 8
Für das Schlichtungsverfahren kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, da es sich nicht um ein gerichtliches Verfahren handelt. Möglich ist allerdings die Bewilligung von Beratungshilfe.
Rz. 9
Die Kosten eines vorgerichtlichen Güte- oder Schlichtungsverfahrens zählen nicht zu den Kosten des Rechtsstreits, da es sich bei der Vertretung in einem Verfahren um eine außergerichtliche Tätigkeit handelt. Das gilt auch, soweit vor Einleitung eines Rechtsstreits zwingend ein solches Güte- oder Schlichtungsverfahren durchzuführen ist, so z.B. nach § 15a EGZPO. Zwar ordnen § 91 Abs. 3 ZPO und entsprechende Vorschriften verschiedener Landesgesetze an, dass die Kosten eines solchen Verfahrens als Kosten des Rechtsstreits gelten und dann nach der dort ergehenden Kostenverteilung zu erstatten sind. Das gilt aber nur für die von der Güte- oder Schlichtungsstelle erhobenen Gebühren, nicht auch für die außergerichtlichen Kosten der Parteien, insbesondere die Anwaltsvergütungen. Diese Kosten sind auch nicht als Vorbereitungskosten erstattungsfähig, da ein Güte- oder Schlichtungsverfahren nicht den Rechtsstreit vorbereiten, sondern ihn vermeiden soll. Dies hat der BGH in zwei Entscheidungen zwischenzeitlich klargestellt. Die in der Vorauflage noch vertretene Ansicht und die hierzu ergangene Rspr. können daher nicht mehr vertreten werden.