Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 608
Die zivilrechtlichen Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften haben – auch wenn sie nach wie vor unübersehbar vorhanden sind – in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich abgenommen. Die wichtigste Entwicklung hierbei ist die Zulassung und starke Verbreitung der GmbH & Co. KG, welche im Ergebnis dazu führt, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit in einem Personenunternehmen nicht mehr zwingend die persönliche Haftung einer natürlichen Person voraussetzt. Personengesellschaften sind heute im Rechtsverkehr ebenso selbstständig einsetzbar wie Kapitalgesellschaften.
Rz. 609
Das Steuerrecht hat diese Entwicklungen jedoch bislang nicht nachvollzogen und sieht unverändert gravierende Unterschiede in der Besteuerung von Unternehmen vor, die allein aus der Wahl der Rechtsform resultieren. Dieser Zustand führt seit langer Zeit zu Diskussionen über eine einheitliche Unternehmensbesteuerung, die überwiegend für sinnvoll, teils auch für verfassungsrechtlich geboten gehalten wird.
Der Gesetzgeber hat mit dem KöMoG vom 25.6.2021 den Personenhandelsgesellschaften mittels des neu geschaffenen § 1 Abs. 1a KStG die Möglichkeit eingeräumt, ertragsteuerlich wie Kapitalgesellschaften behandelt zu werden. Die Option zur Körperschaftsteuer und die (ebenfalls mögliche) Rückoption werden steuerlich weitgehend einem Formwechsel freigestellt. In der Praxis ist zu beobachten, dass von der Option nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht wird. Problematisch beim Optionsmodell ist insbesondere, dass die starren steuerlichen Folgen einer Gewinnausschüttung mit dem zivilrechtlichen Modell der Personengesellschaft, das Entnahmen und Einlagen sehr unkompliziert zulässt, schwer in Übereinstimmung zu bringen sind.
Die aktuelle Entwicklung des Personengesellschaftsrechts, insbesondere die Aufgabe der "Gesamthand" als Begriff für die Trägerschaft des Gesellschaftsvermögens – wenn auch diese begriffliche Änderung keine praktischen Konsequenzen mit sich bringt – hat den Gesetzgeber veranlasst, den Begriff der "rechtsfähigen Personenvereinigung" zu schaffen, worunter gem. § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO auch Personenhandelsgesellschaften wie Kommanditgesellschaften zu verstehen sind. Ertragsteuerlich werden die rechtsfähigen Personengesellschaften weiter als Gesamthand behandelt (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).
Rz. 610
Gravierende Unterschiede bestehen zwischen Kapitalgesellschaften und einer gewerblich tätigen KG (s.u. Rdn 624 ff.) auf dem Gebiet der Ertragsbesteuerung, da das deutsche Steuerrecht keine einheitliche Unternehmensbesteuerung vorsieht. Die Kapitalgesellschaft wird eigenständig der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterworfen, ohne dass dies unmittelbare Auswirkungen auf den Gesellschafter hat. Dieser versteuert nur ausgeschüttete Dividenden (Kapitaleinkünfte nach § 20 EStG, die regelmäßig der Abgeltungsteuer unterliegen) sowie von der Gesellschaft bezogene Vergütungen (Mieterträge, Geschäftsführergehälter, Zinsen). Solche (angemessenen) Vergütungen mindern als Betriebsausgaben den Gewinn der Kapitalgesellschaft. Die Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG werden dagegen als Mitunternehmer behandelt und erzielen selbst Einnahmen aus Gewerbebetrieb, die bei ihnen mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belegt werden. Nur in der Gewerbe- und Umsatzsteuer wird die Gesellschaft selbst als Steuerschuldnerin behandelt.
Rz. 611
Dies hat u.a. folgende Auswirkungen:
Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter (Mitunternehmer) mindern zwar das handelsrechtliche Ergebnis der Gesellschaft, werden jedoch steuerlich als Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei der KG einbezogen und sodann als gewerbliche Einkünfte dem Gesellschafter zugerechnet. Steuerlich werden diese Bezüge damit wie ein Vorab-Gewinn behandelt.
Die Gewerbesteuer ist von der Personengesellschaft zu entrichten; sie mindert jedoch über das Anrechnungsverfahren des § 35 EStG die Einkommensteuerbelastung beim Gesellschafter. Die Sonderbetriebseinnahmen werden in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer einbezogen.
Pensionsrückstellungen können bei einer Personengesellschaft zwar gebildet werden, sie blieben jedoch ohne steuerlichen Effekt, weil in der Sonderbilanz des Berechtigten eine entsprechende Gegenbuchung vorzunehmen ist.
Anteile an gewerblich tätigen Personengesellschaften können gegen Vereinbarung einer sog. Versorgungsleistung (Rente/dauernde Last) an die nächste Generation weitergegeben werden, wobei der Leistungsempfänger die bezogene Leistung zu versteuern hat, während der Zahlungsverpflichtete Sonderausgaben geltend machen kann. Bei der GmbH ist dies nur möglich, wenn ein Anteil von mindestens 50 % am Stammkapital übergeben wird und gleichzeitig ein Wechsel in der Geschäftsführung stattfindet; bei der AG scheidet die Gestaltung völlig aus.
Übertragungen von Grundstücken von einer Personengesellschaft an ihren Gesellschafter oder umgekehrt sind vielfach grunderwerbsteuerfrei möglich (§...