Rz. 697

Hat die KG mehrere persönlich haftende Gesellschafter, ist grds. jeder Komplementär allein zur Geschäftsführung befugt. Den anderen geschäftsführenden Gesellschaftern steht jedoch ein Widerspruchsrecht zu (§§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 1 und 3 HGB). Abweichend von der gesetzlichen Regelung kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass, wenn mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden sind, die Geschäftsführung ihnen als Gesamtgeschäftsführer (§ 116 Abs. 4 HGB) zusteht. Die Rechte der Komplementäre in Bezug auf die Geschäftsführungsbefugnis können weitgehend abweichend vom gesetzlichen Leitbild festgelegt, also eingeschränkt oder erweitert, werden. Sind mehrere geschäftsführende Gesellschafter vorhanden, kann der Gesellschaftsvertrag von dem Einstimmigkeitserfordernis des § 116 Abs. 4 HGB abweichen und Zuständigkeits- und Verfahrensregeln für die Geschäftsführung aufstellen, ähnlich wie bei einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer einer GmbH.[1010]

 

Rz. 698

Auch die Rechte der Kommanditisten in Bezug auf die Geschäftsführung können eingeschränkt oder erweitert werden. Der Zustimmungsvorbehalt für außergewöhnliche Geschäfte gem. § 116 Abs. 2 Satz 1 HGB kann im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. In diesem Fall kann der Komplementär auch außergewöhnliche Geschäfte ohne Zustimmungsbeschluss unter Beteiligung der anderen Gesellschafter vornehmen. Aus steuerrechtlicher Sicht ist zu beachten, dass ein Ausschluss Zustimmungsvorbehaltes eine Beschneidung der "Mitunternehmerinitiative" bedeutet und im Einzelfall (Gesamtbetrachtung) die Versagung der steuerlichen "Mitunternehmerstellung" zur Folge haben kann.[1011] Dem Kommanditisten kann der Gesellschaftsvertrag auch die Befugnis zur Geschäftsführung, allein oder zusammen mit einem Komplementär, einräumen. In einer GmbH & Co. KG kann die Vereinbarung der Geschäftsführung durch einen Kommanditisten bewusst zur Vermeidung oder Beendigung der "gewerblichen Prägung" gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG eingesetzt werden (sog. Entprägung).

 

Rz. 699

Zur klaren Abgrenzung der Rechte der Kommanditisten hinsichtlich der Geschäftsführung führt die Festlegung bestimmter Maßnahmen, die der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Ein solcher Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte ist üblicherweise in Gesellschaftsverträgen enthalten. Die Verteilung der Geschäftsführungsbefugnisse im Innenverhältnis kann maßgeblich sein für die sozialversicherungsrechtliche Einstufung einer Tätigkeitsvergütung, die ein Gesellschafter (insbesondere Kommanditist) für seine Tätigkeit bei der Gesellschaft erhält. Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkte kann es durchaus sein, dass ein in der KG beruflich tätiger Gesellschafter zwar steuerlich als Mitunternehmer angesehen wird (und damit seine Tätigkeitsvergütung zu den Einnahmen aus Gewerbebetrieb zählt), während gleichwohl sozialversicherungsrechtlich eine abhängige Beschäftigung angenommen wird und damit Versicherungspflicht eintritt. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob der Gesellschafter selbst geschäftsführend tätig ist oder den Weisungen eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters unterliegt.[1012]

 

Rz. 700

Wird ein Geschäft entgegen den gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Geschäftsführungsbefugnis vorgenommen, bleibt dies auf die Wirksamkeit der Maßnahme im Außenverhältnis, also für die Vertretungsbefugnis, ohne Auswirkung. Es handelt sich vielmehr um eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis, die ggf. zur Haftung des pflichtwidrig handelnden Gesellschafters führen kann.

[1010] Hopt/Roth, HGB, § 116 Rn 57.
[1011] Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn 262, 266; FG Düsseldorf, 22.6.2018 – 1 K 3020/16.
[1012] LSG Berlin-Brandenburg, 6.11.2015 – L 1 KR 507/14.

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