Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1473
Ggü. Dritten wird die Vereinigung ausschließlich durch den Geschäftsführer oder, wenn es mehrere sind, durch einen jeden Geschäftsführer vertreten (Art. 20 Abs. 1 Satz 1 EWIV-VO). Die Geschäftsführer sind also einzelvertretungsberechtigt. Der Gründungsvertrag kann vorsehen, dass die Vereinigung nur durch zwei oder mehr gemeinschaftlich handelnde Geschäftsführer wirksam verpflichtet werden kann (Gesamtvertretung). Diese Bestimmung kann Dritten nur dann entgegengesetzt werden, wenn sie bekannt gemacht worden ist (vgl. Art. 20 Abs. 2 EWIV-VO).
Hinweis
Nach dem jeweiligen nationalen Recht des Sitzstaates kann der bzw. können die Geschäftsführer einer EWIV vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit werden.
Rz. 1474
Jeder der Geschäftsführer verpflichtet die Vereinigung, wenn er in ihrem Namen handelt, ggü. Dritten, selbst wenn seine Handlungen nicht zum Unternehmensgegenstand der Vereinigung gehören, es sei denn, die Vereinigung beweist, dass dem Dritten bekannt war oder dass er darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnte, dass die Handlung die Grenzen des Unternehmensgegenstands der Vereinigung überschritt. Allein die Bekanntmachung des Unternehmensgegenstands reicht nicht aus, um diesen Beweis zu erbringen. Eine Beschränkung der Befugnisse des Geschäftsführers oder der Geschäftsführer durch den Gründungsvertrag oder durch einen Beschluss der Mitglieder kann Dritten nicht entgegengesetzt werden, selbst wenn sie bekannt gemacht worden ist (Art. 20 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 EWIV-VO). Diese Bestimmungen entsprechen voll jenen der Ersten EG-Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ("Publizitätsrichtlinie"). Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer im Außenverhältnis ist damit praktisch unbeschränkt und unbeschränkbar. Der Geschäftsführer, der die Grenzen seiner Befugnisse überschreitet, kann sich im Innenverhältnis ggü. der Vereinigung bzw. deren Mitgliedern schadensersatzpflichtig machen.
Rz. 1475
Neben der von der EWIV-VO geregelten organschaftlichen Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist auch an die durch nationales Recht zu regelnde rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu denken, nach deutschem Recht also etwa aufgrund der Erteilung handelsrechtlicher Vollmachten wie der Prokura oder der Handlungsvollmacht (§ 1 EWIV-AusfG, § 6 Abs. 1 HGB, §§ 48–53 HGB, § 54 HGB). Der Gründungsvertrag kann auch die sog. unechte Gesamtvertretung vorsehen, d.h. die Vertretung durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen. In diesem Fall sind auch die Prokuristen der EWIV in das deutsche Handelsregister einzutragen (§ 2 Abs. 4 EWIV-AusfG).