Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1206
Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel bestimmt der Gesellschaftsvertrag, dass nicht alle Erben, sondern nur einzelne oder einer von ihnen in die Gesellschafterstellung einrücken. Der Gesellschaftsvertrag kann den Kreis der nachfolgeberechtigten Personen grds. in beliebiger Weise einschränken. Möglich sind etwa folgende Regelungen:
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namentliche Bezeichnung der Nachfolger, |
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Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (z.B. einer Familie oder dem Kreis der Gesellschafter), |
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bestimmtes Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser (z.B. Ehegatten, Lebenspartner, Abkömmlinge – z.B. eheliche, außereheliche, nicht eheliche, leibliche oder angenommene Kinder), |
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Kreis der gesetzlichen Erben, |
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Alter im Zeitpunkt des Erbfalls (z.B. Mindestalter oder Höchstalter), |
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Geschlecht, |
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berufliche Ausbildung und Qualifikation. |
Die für die Nachfolge maßgeblichen Kriterien dürfen allerdings nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen oder sittenwidrig sein.
Rz. 1207
Der Gesellschaftsanteil geht dann im Wege der Sonderrechtsnachfolge unmittelbar und im Ganzen auf den qualifizierten Erben über. Die übrigen Erben werden nicht Gesellschafter, sondern erlangen lediglich einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den nachfolgeberechtigten Erwerber. Der qualifizierte Nachfolger erwirbt den Anteil aufgrund einer quasi dinglich wirkenden Teilungsanordnung automatisch mit dem Erbfall. Am übrigen Nachlass ist der qualifizierte Erbe nur entsprechend seiner Erbquote beteiligt.
Die qualifizierten Nachfolger erwerben aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelung mehr, als ihnen erbrechtlich zustehen würde. Den nicht qualifizierten Erben steht dementsprechend ein schuldrechtlicher Ausgleichanspruch zu. Für die Höhe des Wertausgleichs ist der tatsächliche Verkehrswert der Gesellschaftsbeteiligung maßgebend. Bei dem Anspruch handelt es sich um einen erbrechtlichen Ausgleich und nicht um eine gesellschaftsrechtliche Abfindung, sodass etwaige Abfindungsklauseln im Gesellschaftsvertrag für die Bestimmung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ohne Bedeutung sind. Der Erblasser kann Art, Höhe und Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs im Testament regeln (z.B. Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswerts, Bewertungsabschläge, Stundungsregelung). Dabei gilt es insb. auch den mit der Beteiligung verbundenen unternehmerischen Risiken, etwaigen Steuerlasten, der Liquiditätssituation des Unternehmensnachfolgers und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens angemessen Rechnung zu tragen.
Rz. 1208
Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel muss die Person, die nach dem Gesellschaftsvertrag zur Nachfolge berechtigt ist, auch tatsächlich gesetzlicher oder testamentarischer Erbe werden, um in die Gesellschafterstellung nachzufolgen. Wird der gesellschaftsvertraglich zugelassene Nachfolger nicht Erbe, geht die Nachfolgeregelung ins Leere.
Zusätzlicher Abstimmungsbedarf ergibt sich bei der qualifizierten Nachfolgeklausel dann, wenn zum Gesellschaftsanteil Sonderbetriebsvermögen gehört. Das Zivilrecht kennt den Begriff des Sonderbetriebsvermögens nicht. Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlässt (z.B. ein Grundstück), fallen daher in den Nachlass. Die Sondererbfolge aufgrund der qualifizierten Nachfolgeklausel erfasst nur den Anteil an der Personengesellschaft, nicht aber auch das dazu gehörende Sonderbetriebsvermögen. Es besteht demnach ein hohes Risiko, dass im Todesfall Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen auf verschiedene Personen übergehen und es dadurch zu einer Entnahme kommt. In diesem Fall werden auch bei der Erbschaftsteuer die Vergünstigungen für Betriebsvermögen nicht gewährt (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG).
Rz. 1209
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Muster 9.103: Qualifizierte Nachfolgeklausel – Gesellschaftsvertrag GmbH & Co. KG
(1) Beim Tod eines Kommanditisten wird die Gesellschaft mit seinen Erben fortgesetzt, sofern es sich dabei um den Ehegatten, den Lebenspartner, die leiblichen Abkömmlinge des Gesellschafters oder um Mitgesellschafter handelt.
(2) Sind keine nachfolgeberechtigten Erben vorhanden, wird die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Die Erben erhalten in diesem Fall eine Abfindung nach Maßgabe dieses Gesellschaftsvertrags.
(3) Die vorstehenden Regelungen gelten für Vermächtnisnehmer entsprechend.
Rz. 1210
Vorteil der qualifizierten Nachfolgeklausel ist es, dass es – anders als bei der einfachen Nachfolgeklausel – nicht dem freien Willen des Erblassers oder familiären Zufälligkeiten überlassen bleibt, wer und insb. wie viele Erben die Gesellschafterstellung übernehmen. Die Nachfolge wird vielmehr auf einen oder mehrere Erben beschränkt. Auf diese Weise werden auch die Interessen der anderen Gesellschafter an einer berechenbaren Nachfolge angemessen berücksichtigt. Zugleich kann eine Zersplitterung des Gesellschaftsanteils verhindert und die Homogenität des Gesellschafterkreises gewährleistet werden.
Aus Si...