Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1142
Bis zum Inkrafttreten des MoPeG waren fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse von Personengesellschaften grds. – unabhängig von der Schwere des Mangels – nichtig. Die Nichtigkeit war mit einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geltend zu machen, die gegen die Gesellschaft zu richten war. Eine besondere Klagefrist war nicht vorgesehen.
Rz. 1143
Die §§ 110 ff. HGB sehen nunmehr ein Anfechtungsmodell nach dem Vorbild des AktG vor. Mangelhafte Beschlüsse sind grds. wirksam, aber anfechtbar (§ 110 Abs. 1 HGB). Nichtig ist ein Beschluss nur dann, wenn der Beschluss Rechtsvorschriften verletzt, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können (§ 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB), oder wenn er durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt wurde (§ 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB). Ist ein Beschluss nichtig, ist er das mit Wirkung ex tunc. Welche Vorschriften genau zum zwingenden Recht gehören, bleibt dabei offen und soll wiederum der Rspr. vorbehalten bleiben.
Die Begriffe der Anfechtbarkeit und Nichtigkeit schließen sich gegenseitig aus. Jeder Mangel, der nicht die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge hat, führt zu dessen Anfechtbarkeit.
Rz. 1144
Gem. § 111 HGB ist jeder Gesellschafter anfechtungsbefugt, und zwar auch dann, wenn er bereits kein Gesellschafter mehr ist, aber noch ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung hat. Irrelevant ist zudem die individuelle Betroffenheit, der Umfang der Beteiligung, die Anwesenheit bei der Beschlussfassung bzw. ob ein Widerspruch zum Beschluss eingelegt wurde.
Rz. 1145
Die Anfechtungsklage muss innerhalb von drei Monaten ab Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber den anfechtungsbefugten Gesellschaftern erhoben werden (§ 112 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 HGB). Die Frist ist nur begrenzt disponibel, da sie einen Monat nicht unterschreiten darf (§ 112 Abs. 1 Satz 2 HGB). Prozessuale Fragen (Zuständigkeit, Verfahren, Form Streitwert, Wirkung) werden in § 113 HGB geregelt.
Sofern es die Gesellschafter wie bisher beim Feststellungsmodell belassen möchten, müssen sie dies explizit im Gesellschaftsvertrag regeln und die §§ 110 ff HGB abbedingen.
Rz. 1146
Damit sind durch das MoPeG die Rechtsschutzsysteme gegen fehlerhafte Beschlüsse bei der Komplementär-GmbH und der KG weitgehend angeglichen worden. Auch bei der Komplementär-GmbH haben Beschlussmängel im Regelfall nur die Anfechtbarkeit zur Folge. Der Mangel ist grds. mittels einer Anfechtungsklage innerhalb eines Monats gerichtlich geltend zu machen (§§ 243 ff. AktG analog). Inwiefern die neuen Regelungen der §§ 110 ff. HGB Ausstrahlungswirkung auf das Beschlussmängelrecht der GmbH haben werden, wird die künftige Rspr. zeigen.
Bei der GmbH & Co. KG ist es zweckmäßig, den Rechtsschutz gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse in beiden Gesellschaften einander anzugleichen.
Rz. 1147
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Muster 9.92: Beschlussmängel – Gesellschaftsvertrag GmbH & Co. KG
Für Beschlussmängel und deren Geltendmachung finden die §§ 110 bis 115 HGB Anwendung.
Alternative mit Kostenerstattungsanspruch: Soweit ein Gesellschafter infolge eines Rechts-streits über Beschlussmängel gegen die Gesellschaft obsiegt und die Kosten des Verfahrens im entsprechenden Verhältnis seiner Beteiligung als Teil der betrieblichen Aufwendungen zu tragen hat, sind ihm diese Kosten von den Gesellschaftern als Gesamtschuldner zu ersetzen, die dem streitgegenständlichen Antrag des Gesellschafters widersprochen haben. Dies gilt nicht für Strei-tigkeiten über Beschlussmängel, die nicht zur Nichtigkeit des streitgegenständlichen Beschlusses geführt haben, es sei denn, der Mangel war für die widersprechenden Gesellschafter offensichtlich.
Alternative ohne Kostenerstattungsanspruch: Soweit ein Gesellschafter infolge eines Rechtsstreits über Beschlussmängel gegen die Gesellschaft obsiegt und die Kosten des Verfah-rens im entsprechenden Verhältnis seiner Beteiligung als Teil der betrieblichen Aufwendungen zu tragen hat, steht ihm ein Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
Alternative sofern das neue Beschlussmängelrecht abbedungen werden soll: Alle Mängel eines Beschlusses sind im Wege der Feststellungsklage gegen diejenigen Gesellschafter geltend zu machen, die der beantragten Feststellung widersprechen. Die Regelungen der §§ 111, 112, 113 Abs. 1 und 5 HGB finden ***keine Anwendung.