Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1167
In bestimmten Fällen scheidet der Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung automatisch aus der Gesellschaft aus (§ 130 Abs. 1 HGB). Einer Klage oder eines Gesellschafterbeschlusses bedarf es in diesen Fällen nicht. Das Gesetz sieht ein Ausscheiden insb. in folgenden Fällen vor:
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Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters (s. §§ 130 Abs. 1 Nr. 1 und 177 HGB), |
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Kündigung des Gesellschafters (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 HGB), |
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (§ 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB), vgl. aber die Sonderregelung gem. § 179 HGB zur Simultaninsolvenz von KG und Komplementär-GmbH, |
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Kündigung durch einen Privatgläubiger des Gesellschafters (§ 130 Abs. 1 Nr. 4HGB), |
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Gerichtliche Entscheidung über Ausschließungsklage (§ 130 Abs. 1 Nr. 5 HGB. |
Rz. 1168
Der Gesellschaftsvertrag kann weitere Gründe vorsehen, die zum Ausscheiden eines Gesellschafters führen (§ 130 Abs. 2 HGB). Allerdings ist dies kein "Freibrief" für den jederzeit zulässigen Ausschluss eines Gesellschafters. Die von der Rspr. entwickelten Grenzen für gesellschaftsvertragliche Ausschlussklauseln sind vielmehr auch in diesem Fall zu beachten. Demnach ist ein Ausschluss eines Gesellschafters nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes möglich, der im Gesellschaftsvertrag klar und bestimmt festgelegt sein muss. I.Ü. sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen.
Rz. 1169
Das Ausscheiden eines Gesellschafters beseitigt seine Haftung nicht (s. §§ 151, 137 HGB).
Grds. bleibt es auch nach dem MoPeG gem. § 137 Abs. 1 Satz 1 HGB bei dem Grundsatz, dass aus Personenhandelsgesellschaften ausscheidende Gesellschafter für die die bis dahin "begründeten" Verbindlichkeiten für maximal fünf Jahre weiterhaften. Geändert wurde allerdings der für die Abgrenzung von Alt- und Neuverbindlichkeiten maßgebliche Bezugspunkt. Gem. § 137 Abs. 1 Satz 2 HGB ist die Nachhaftung für Schadensersatzverpflichtungen der Gesellschaft nämlich davon abhängig, dass die zum Schadensersatz führende Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten vor dem Ausscheiden des Gesellschafters eingetreten ist. Hierdurch wird verhindert, dass ein ausscheidender Gesellschafter nicht mehr befürchten muss für eine nach seinem Ausscheiden begangene Pflichtverletzung (z.B. Beratungsfehler) zu haften, und zwar auch dann nicht, wenn das Dauerschuldverhältnis (z.B. Beratungsvertrag) bereits in einem Zeitpunkt begründet wurde, in dem er noch Gesellschafter war.
Rz. 1170
Teilweise wird in diesem Zusammenhang zu bedenken gegeben, dass § 137 Abs. 1 Satz 2 HGB in Fällen des Schadensersatzes statt der Leistung zu einer überschießenden Haftungsprivilegierung des ausgeschiedenen Gesellschaftes führt, da der ausgeschiedene Gesellschafter für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch forthafte. § 137 Abs. 1 Satz 2 HGB solle für derartige Fälle einschränkend auszulegen sein mit der Folge, dass der ausscheidenden Gesellschafter beim Schadensersatz statt der Leistung bis zur Höhe der zunächst geschuldeten Primärleistung forthafte.
Rz. 1171
Nach der gesetzlichen Regelung führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zum Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters und nicht zur Auflösung der Gesellschaft. Eine Erklärung ggü. dem Insolvenzverwalter ist dafür nicht erforderlich. Die Ablehnung eines Insolvenzantrags mangels Masse steht der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gleich. Der Gesellschaftsvertrag kann aber eine abweichende Regelung vorsehen. Angesichts der nicht unerheblichen Zahl masseloser Insolvenzen erscheint dies im Regelfall auch empfehlenswert.
Hat eine GmbH & Co. KG nur einen Kommanditisten, führte bislang die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH zu deren Ausscheiden aus der KG und gleichzeitig auch zur Vollbeendigung der KG. Denn nach dem Ausscheiden der Komplementär-GmbH verbliebnach alter Rechtslage nur noch ein Gesellschafter, dem das Vermögen der KG i.R.d. Gesamtrechtsnachfolge anwuchs. Mit dem angefallenen Vermögen haftete er auch für die Verbindlichkeiten der KG.
Rz. 1172
Durch die Einführung des § 179 HGB wurde mit dem MoPeG eine Regelung zur Simultaninsolvenz von Komplementär-GmbH und KG getroffen, die im Fall der beiderseitigen Insolvenz die Durchführung aufeinander abgestimmter Insolvenzverfahren ermöglicht. Während – wie dargestellt – bislang auf Ebene der KG die Insolvenz der persönlich haftenden Gesellschafterin zu deren Ausscheiden führte, sieht § 179 HGB n.F. hiervon unter den folgenden Voraussetzungen eine Ausnahme vor:
Der Gesellschafter einer KG, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, scheidet dann nicht aus der Gesellschaft aus, wenn er der einzige persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ist und
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über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder |
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die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K... |