Michael Krämer, Esthersine Böhmer
Rz. 27
& 1. Vorgerichtlicher Rechtsbehelf: Widerspruch (siehe Muster Widerspruchsverfahren)
Für das Widerspruchsverfahren gelten sowohl VwGO als auch VwVfG nach Maßgabe des § 79 VwVfG.
Rz. 28
& 2. Formlose Rechtsbehelfe
a) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 32 VwVfG. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen, § 32 Abs. 1 S. 2 VwVfG.
b) Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG. Liegt eine der Voraussetzungen vor, hat der Mandant einen Anspruch auf Wiederaufgreifen.
c) Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach §§ 48, 49 VwVfG. Die Behörde kann auch von sich aus und ohne Vorliegen der Wiederaufnahmegründe des § 51 VwVfG bestandskräftige Verwaltungsakte unter bestimmten Voraussetzungen wieder aufgreifen und aufheben, siehe § 48 VwVfG für rechtswidrige Verwaltungsakte und § 49 VwVfG für rechtmäßige Verwaltungsakte. Ein solches Wiederaufgreifen kann beantragt werden, ein Anspruch besteht jedoch nicht, die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde.
d) Speziell für das Beamtenrecht und das Prüfungsrecht:
– Gegenäußerung und Berichtigungsanspruch zur Personalakte eines Beamten
Diese Ansprüche ergeben sich aus § 109 S. 2 BBG und § 112 BBG sowie den entsprechenden Landesvorschriften, zum Beispiel § 85 S. 2 und § 88 LBG NRW.
– Anspruch auf das Überdenken der Prüfungsentscheidung für berufsbezogene Prüfungen
Eine Kontrolle von Prüfungsentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte ist nur äußerst eingeschränkt möglich. Wegen des Grundrechts aus Art. 12 GG und wegen der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG ist es verfassungsrechtlich geboten, die Bewertungen der Prüfungsbehörde einem eigenständigen verwaltungsinternen Kontrollverfahren zu unterziehen. Deswegen gewährt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Prüfling einen "Anspruch auf Überdenken" der Prüfungsentscheidung. Der Prüfling hat einen Anspruch auf Einsicht in die Prüfungsakten und seine schriftlichen Arbeiten. Er muss substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung vortragen, mit denen sich die Prüfer entsprechend substantiiert auseinander zu setzen haben. Aus Gleichheitsgründen besteht kein Anspruch auf andere Prüfer.
e) Aufsichtsbeschwerde
Beide Arten der Aufsichtsbeschwerde sind gesetzlich nicht geregelt. Die Beschwerden sind formlos und fristlos möglich. Manche größeren Behörden haben Dienstanweisungen für den Umgang mit solchen Beschwerden erlassen. In der Regel fordert die übergeordnete Behörde zunächst von der nachgeordneten Behörde die Akten an und bittet um Stellungnahme. Dies kann unter Umständen geraume Zeit in Anspruch nehmen. Besondere Verfahrens- und Beteiligungsrechte stehen den Beschwerdeführern nicht zu, da das Verfahren nicht förmlich geregelt ist. Das Ergebnis der Überprüfung wird durch die übergeordnete Behörde mitgeteilt.
f) Petition an die politische Vertretung und Gegenvorstellung an die zuständige Behörde
Das Vorbild dieses Rechts ist Art. 17 GG. Der Bundestag hat einen Petitionsausschuss eingerichtet. Auch die Landesverfassungen sehen dieses Recht vor, z.B. Landesverfassung NRW in Art. 4 und 41a. Das Petitionsrecht wird in den Gemeindeordnungen als Recht auf Anregungen und Beschwerden bezeichnet, vgl. z.B. § 24 GO NRW. Verschiedene Stellen haben bereits die Möglichkeit einer Online-Petition eingerichtet. Das Recht zur Gegenvorstellung an die zuständige Stelle ergibt sich aus Art. 17 GG.
g) Verfassungsbeschwerde
Die Verfassungsbeschwerde ist geregelt in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG und § 90 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde setzt die Erschöpfung des Rechtswegs voraus. Sie ist nur zulässig für Rechtsverletzungen bezüglich der Grundrechte (vgl. Art. 1 bis 19 GG) oder bestimmten grundrechtsgleichen Rechten (Art. 20 Abs. 4, Art. 33, 38, 101, 103, 104 GG). Die Frist zur Einlegung und Begründung von einem Monat ergibt sich aus § 93 Abs. 1 BVerfGG. Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, § 93 Abs. 2 S. 5 BVerfGG. Verfassungsbeschwerden werden allerdings nur bei besonderer Bedeutung zur Entscheidung angenommen, § 93a BVerfGG.