Rz. 57
Die eingetragene Genossenschaft (e.G. oder eG) ist von ihrer Struktur mit der Aktiengesellschaft bzw. dem eingetragenen Verein vergleichbar. Der Zweck einer Genossenschaft ist zumindest nicht primär darauf gerichtet, Gewinn zu erzielen. Vielmehr ist deren Zweck die Verfolgung eines Genossenschaftsgedankens für die Mitglieder. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Große Verbreitung und praktische Bedeutung haben z.B. Einkaufsgenossenschaften bzw. Genossenschaften im Bereich des Lebensmittelhandels (z.B. der Edeka-Verbund oder Teile der REWE-Gruppe), Agrar- und Winzergenossenschaften, Kreditgenossenschaften, wie die Volks- und Raiffeisenbanken oder Wohnungsbaugenossenschaften. Einzelne Genossenschaften wie die DATEV eG für Steuerberater oder die DENIC als Registrierungsstellen für Domains haben einen hohen Bekanntheitsgrad.
Rz. 58
Die eingetragene Genossenschaft ist im Genossenschaftsgesetz von 1889 geregelt (GenG). Die Mitglieder (Genossen) üben ihre Rechte durch die Generalversammlung aus (§ 43 GenG), wo alle Genossen teilnahme- und stimmberechtigt sind. Bei Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann eine Vertreterversammlung gebildet werden, in der die Mitglieder aus ihrem Kreis Vertreter wählen, die dann die Funktion der Generalversammlung ausüben, wobei bestimmte Funktionen der Generalversammlung verbleiben bzw. dieser vorbehalten werden können. Die Genossenschaft wird vom Vorstand geleitet. Die Genossenshaftsmitglieder ihrerseits wählen die General- bzw. Vertreterversammlung. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden. Die Generalversammlung hat zwar nur wenige Zuständigkeiten, sie stellt den Jahresabschluss fest, beschließt über die Verwendung des Ergebnisses und ist für Satzungsänderungen zuständig. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zur AG. Bei der Genossenschaft wird der Vorstand nicht vom Aufsichtsrat, sondern von der Generalversammlung gewählt und abberufen (§ 24 Abs. 2 GenG). Als Annexkompetenz folgt daraus auch die Zuständigkeit der Generalversammlung für den Abschluss, die Änderung und Beendigung der mit den Vorstandsmitgliedern zu schließenden Anstellungsverträge. Der Aufsichtsrat, der aus mindestens drei Mitgliedern besteht, wird ebenfalls von der Generalversammlung gewählt (§ 36 Abs. 1 GenG). Die Generalversammlung legt in Annexkompetenz auch die Vergütung des Aufsichtsrats fest.
Rz. 59
Aufgrund der vorgenannten Kompetenzverteilung liegt es nahe, dass der Abschluss eines D&O-Versicherungsvertrags nach außen in die Zuständigkeit des Vorstands fällt, dieser jedoch im Innenverhältnis eines ermächtigenden Beschlusses der Generalversammlung benötigt. Hierfür ist es nicht zwingend, dass der D&O-Versicherungsschutz als Vergütungsbestandteil eingeordnet wird, auch wenn dieser bei einer klassisch ausgestalten D&O-Versicherung mit Direktanspruch durchaus Vergütungscharakter hat. Es genügt für die Begründung der Zuständigkeit bereits, dass durch den Versicherungsschutz das organschaftliche Verhältnis von Aufsichtsrat und Vorstand und damit ihre Haftung betroffen ist, die letztlich durch den Versicherungsschutz modifiziert wird, was zwingend in die Zuständigkeit der Generalversammlung fällt. Da bei der Genossenschaft Abweichungen von den Vorschriften des GenG und damit auch von den §§ 34, 41 GenG nur statthaft sind, wenn das Genossenschaftsgesetz diese zulässt (§ 18 Satz 2 GenG), kann die strenge Organhaftung für den Vorstand und Aufsichtsrat, die bei der Genossenschaft auch einfache Fahrlässigkeit umfasst, nicht abgeschwächt werden. Bei unentgeltlich tätigen Vorstandsmitgliedern soll dieser Umstand bei der Haftung berücksichtigt werden, was regelmäßig dazu führen dürfte, dass eine Haftung wegen einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist (siehe dazu die Ausführungen unten bei § 34 GenG).