Problemüberblick
Im Fall geht es einerseits um ein Problem, welches sich nicht mehr stellt. Es geht um die Anfechtung des Beschlusses nach § 28 Abs. 5 WEG a. F., mit dem die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung genehmigt haben. Diesen Beschluss gibt es nicht mehr. Es gibt aber weiterhin Jahresabrechnungen. Die Anforderungen, die an diese zu stellen sind, haben sich nicht geändert. Andererseits geht es um die Frage, wann ein Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf hat, dass das Gericht für die Wohnungseigentümer den Beschluss fasst, den Verwalter abzuberufen.
Ordnungsmäßige Jahresabrechnung
Eine ordnungsmäßige Jahresabrechnung ist nach h. M. eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung, die sämtliche – auch die unberechtigten – Einnahmen und Ausgaben enthalten muss. Nicht erforderlich sind detaillierte Angaben zu den einzelnen Einnahmen und Ausgaben oder die Auflistung einzelner Buchungsvorgänge auf den Bankkonten. Die Einzelpositionen der Einnahmen und Ausgaben dürfen in Einnahme- und Kostenarten zusammengefasst werden. Inwieweit unter Berücksichtigung des berechtigten Informationsbedürfnisses der Wohnungseigentümer eine Aufgliederung der Kostenpositionen erforderlich oder deren Zusammenfassung unter einer schlagwortartigen Bezeichnung möglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Jahresabrechnung muss – anders als früher – neben den im Abrechnungszeitraum getätigten Ausgaben und den erzielten Einnahmen keine Angaben über die Rücklagen und die Anfangs- und Endstände der gemeinschaftlichen Konten enthalten. Diese Bestandteile sind jetzt Gegenstand des Vermögensberichts.
Gestern und heute muss die Jahresabrechnung für die Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein. Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer gemeinsam mit dem Vermögensbericht in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind.
Abberufung eines Verwalters
Meint ein Wohnungseigentümer wegen eines "wichtigen Grunds" einen Anspruch auf Abberufung des Verwalters zu haben, kann er im Wege der Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG auf einen Abberufungsbeschluss klagen. Die Beschlussersetzungsklage setzt voraus, dass der klagende Wohnungseigentümer zuvor erfolglos einen entsprechenden Antrag auf einer Versammlung gestellt hat, sofern es sich bei einem solchen Antrag nicht um eine bloße Förmelei handelt, beispielsweise bei klaren Mehrheitsverhältnissen.
Da den Wohnungseigentümern bei der Frage, ob ein Grund "wichtig" ist, ein Ermessen zusteht, hat die Beschlussersetzungsklage nur bei einer Ermessensreduktion auf Null Erfolg. Haben sich Wohnungseigentümer in Kenntnis von Mängeln mehrheitlich für eine Person ausgesprochen und diese zum Verwalter bestellt, kann das Gericht diese Person mithin nur abberufen, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht mehr als vertretbar erscheint. Dies ist der Fall, wenn die Mehrheit aus der Sicht eines vernünftigen Dritten gegen ihre eigenen Interessen handelt, weil sie – etwa aus Bequemlichkeit – massive Pflichtverletzungen tolerieren will; auch eine Majorisierung kann Anlass für eine kritische Würdigung der Beweggründe sein. Beispiele für massive Pflichtverletzungen sind: Delikte, beispielsweise Betrug oder Unterschlagung, die Nicht-Trennung des Gemeinschaftsvermögens vom Vermögen des Verwalters, unberechtigte Verwendung des Gemeinschaftsvermögens, grobe Fehler bei der Führung der Beschluss-Sammlung.
Übergangsrecht
Für Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse, die vor dem 1.12.2020 (WEG-Reform) gefasst wurden, ist sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich weiterhin das WEG in der vor dem 1.12.2020 geltenden Fassung anwendbar. Beschlussersetzungsklagen, die bereits vor dem 1.12.2020 anhängig waren, sind entsprechend § 48 Abs. 5 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer fortzuführen. Materiell ist allerdings das seit dem 1.12.2020 geltende Recht anzuwenden. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass insoweit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend ist (LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 20.4.2021, 2-13 S 133/20).