Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines Verwalter-Abberufungsbeschlusses durch einzelnen Eigentümer (nach Ablauf der ursprünglichen Bestellungszeit)
Abberufung eines Beiratsmitgliedes jederzeit auch ohne Angabe von Gründen möglich
Normenkette
§ 26 Abs. 1 WEG, § 29 WEG, § 671 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Die Abwahl eines Verwalters kann nicht mehr angefochten werden, wenn die Zeit, für die der Verwalter bestellt war, abgelaufen ist. Trat dieser Zeitpunkt während eines gerichtlichen Verfahrens ein, erledigt sich das Anfechtungs- bzw. Beschwerdeverfahren in der Hauptsache. Gleiches gilt für Beschlussanfechtungsverfahren hinsichtlich einer Verwalterneuwahl (h.M.).
Wäre die Amtszeit eines abberufenen Verwalters während des Verfahrens auch regulär abgelaufen, ist ein die vorzeitige Abwahl des Verwalters anfechtender Eigentümer nicht mehr in seinen Rechten beeinträchtigt. Zwar kann ein abberufener Verwalter gegen seine Abberufung auch noch nach Ablauf seiner Amtszeit gegen den Beschluss vorgehen, wenn er zur Wahrung etwaiger Vergütungsansprüche die Ungültigkeitserklärung des Abberufungsbeschlusses erstrebt (KG Berlin, FGPrax 1997, 218). Ein solches Interesse ist aber bei einem einzelnen Eigentümer nicht feststellbar, weil der frühere Verwalter seine Aufgaben und Befugnisse nicht mehr wahrnehmen könnte und ihm eine zu Unrecht entzogene Rechtsstellung auch nicht mehr hätte zurückgegeben werden können. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass sich der frühere Verwalter im Zuge der Neubestellung eines Verwalters ausdrücklich nicht mehr für das Verwalteramt zur Verfügung stellen wollte.
2. Mangels entsprechender Regelungen im Gesetz kann i.Ü. ein Beirat jederzeit durch Mehrheitsbeschluss abgewählt werden, auch ohne Angabe von Gründen. Ein Beirat wird unentgeltlich tätig und kann deshalb entsprechend § 671 Abs. 1 BGB nach freier Ermessensentscheidung der Eigentümer seines Amtes enthoben werden. Auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes muss hier eine Beschlussfassung nicht beschränkt werden (h.R.M.).
3. Leiden Beschlüsse unter einem Formmangel, können sie von einer Gemeinschaft auch durch erneute Beschlussfassung bestätigt werden; insoweit sind sachliche Gründe für eine neuerliche, bestätigende Beschlussfassung gegeben.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens von DM 2.000.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 18.01.1999, 15 W 77/98)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Ficht ein Eigentümer (nicht identisch mit dem Verwalter) einen Abberufungsbeschluss zu Lasten des Verwalters an und endet die Amtszeit dieses abberufenen Verwalters noch im Laufe dieses Anfechtungsverfahrens, ist auch m.E. zu Recht von einer Hauptsacheerledigung des Streites auszugehen (von Amts wegen feststellbar). Ein anfechtender Eigentümer müsste in diesem Fall unverzüglich seinen Antrag in Richtung einer allein noch ausstehenden Kostenentscheidung ändern.
Hat allerdings der abberufene Verwalter selbst seinen Abberufungsbeschluss aus wichtigem Grund angefochten, meine ich nach wie vor (offensichtlich im Gegensatz zur derzeit vorherrschenden Rechtsmeinung und insbesondere Entscheidungen des KG Berlin), dass das Rechtsschutzbedürfnis für den anfechtenden Verwalter unabhängig vom Zeitpunkt eines Amtsendes während seines Verfahrens und damit auch unabhängig von etwa weiterhin bestehenden Vergütungsansprüchen (im Fall unwirksamer Abberufung) erhalten bleiben muss. Einem Verwalter geht es hier doch nicht nur um die Erhaltung seiner Vergütungsansprüche für die Restzeit seiner ursprünglich festgelegten Amtsperiode, sondern bei seinem Angriff gegen eine vermeintlich unberechtigte Abberufung auch um sein Reputationsinteresse; schon dieses Interesse müsste m.E. nach wie vor für das weiter bestehende Rechtsschutzbedürfnis ausreichen, selbst wenn er nach meiner Auffassung (ebenfalls derzeit wohl Mindermeinung) ohnehin nicht mehr rückwirkend in seine Amtsstellung eintreten könnte. Bei unberechtigter Abberufung habe er auch nach wie vor die Möglichkeit, nach Beschlussfassung nicht mehr erhaltene Vergütungen erfolgreich einzuklagen (unter Abzug einer Arbeitsersparnispauschale i.S. von § 615 Satz 2 BGB von etwa 10 bis 20%) bzw. entsprechender Schadenersatzforderungen aus positiver Vertragsverletzung des i.d.R. gleichzeitig fristlos gekündigten Verwaltervertrages.