Leitsatz

  • Eingeschränktes Rechtsschutzinteresse des Verwalters bei Anfechtung "seines" Abberufungsbeschlusses

    Nichtiger Wiederbestellungsbeschluss bei Verstoß gegen § 26 Abs. 2, 2. Halbsatz WEG

 

Normenkette

§ 26 WEG, §§ 677ff. BGB, § 812 Abs. 1 S. 1 BGB

 

Kommentar

1. Ein für 5 Jahre bestellter Verwalter wurde von den Eigentümern aus wichtigem Grund abberufen, sein Vertragsverhältnis gekündigt (insbesondere wegen nicht begonnener erforderlicher Sanierungsmaßnahmen und anderweitiger nicht ordnungsgemäßer Ausübung der Verwaltertätigkeit). Noch einige Tage vor Beginn des letzten Amtsjahres seiner ursprünglichen Bestellung war seine Amtszeit "um drei Jahre verlängert" worden. Im Anschluss an den Abberufungs- und Kündigungsbeschluss sowie den Beschluss über eine Verwalterneubestellung entnahm der abberufene Verwalter dem Gemeinschaftskonto noch DM 53.123,52 als Verwalterhonorar für 17 Monate seiner früheren Amtszeit.

2. Zwar kann ein Verwalter grundsätzlich seinen Abberufungsbeschluss anfechten (BGH, NJW 89, 1087 = WE 89, 48). Diese Anfechtungsbefugnis steht ihm jedoch nur zu, um eine ihm behauptetermaßen zu Unrecht entzogene Rechtsstellung zurückzugewinnen oder seine Vergütungsansprüche zu wahren. Daraus folgt, dass dem Verwalter das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung seiner Abberufung fehlt, wenn die von den Wohnungseigentümern bei der Bestellung vorgesehene Amtszeit des Verwalters bereits abgelaufen ist und der Verwalter damit die ihm entzogene Rechtsstellung nicht mehr zurückgewinnen kann sowie wenn der Verwalter auch nicht zur Wahrung etwaiger Vergütungsansprüche ein Interesse an der Ungültigerklärung des Abberufungsbeschlusses hat. Diese Voraussetzungen wurden im vorliegenden Fall zu Recht vom LG verneint, so dass sein Beschlussanfechtungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wurde.

3. Was seinen weitergehenden Feststellungsantrag betraf, zur Entnahme entgangenen Verwalterhonorars in Höhe des genannten Betrages berechtigt gewesen zu sein, war auch dieser Antrag unzulässig, da die Eigentümer wirksamen Gegen-Leistungsantrag auf Verpflichtung zur Rückzahlung des entnommenen Betrages gestellt hatten. Damit wurde der Feststellungsantrag des Verwalters wegen (nachträglichen) Wegfalls des Feststellungsinteresses unzulässig, so dass er gehalten gewesen wäre, seinen unzulässig gewordenen Feststellungsantrag erledigt zu erklären.

4. Ein Eigentümerbeschluss, durch den die 5-jährige Amtszeit eines Verwalters mehr als 1 Jahr vor Ablauf dieser Amtsperiode um einen Anschlusszeitraum von 3 Jahren verlängert wird, verstößt gegen den zwingenden § 26 Abs. 2, 2. Halbsatz WEG und ist damit absolut nichtig. Damit war der antragstellende Verwalter auch nicht bzw. nicht mehr berechtigt, Honorar für sich dem Gemeinschaftskonto zu entnehmen. Der widerantragsweise von den Eigentümern gestellte Anspruch auf Rückgewähr entnommenen Honorars war damit aus Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung ( § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) begründet. Die Eigentümer waren nicht verpflichtet, die vom antragstellenden Verwalter für diesen Zeitraum angebotenen Verwalterdienste entgegenzunehmen. Aufgrund des nichtigen Wiederbestellungsbeschlusses und für den fraglichen Zeitraum nicht mehr ausgeübter Verwaltertätigkeit hat somit die Verwaltung für den betreffenden Zeitraum Honorar ohne Rechtsgrund erlangt. Allenfalls hätte der Verwalter Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach den §§ 677ff. BGB, aber keine Honoraransprüche gegen die Gemeinschaft. Solche Aufwendungsersatzansprüche waren jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung ; GW: DM 53.123,52.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 30.07.1997, 24 W 2316/96)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Dieses Entscheidungsergebnis entspricht der herrschenden Rechtsmeinung. Allerdings würde ich nach wie vor einem Verwalter das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Beschlusses seiner Abberufung aus wichtigem Grund nicht ausschließlich auf sein Interesse an der Zurückgewinnung seiner Rechtsstellung und Sicherung seiner Honoraransprüche beschränken. In Erweiterung der BGH- Entscheidung (NJW 89, 1087 = WE 89, 48) - der sich auch das KG anschließt - sollte man das Rechtsschutzbedürfnis eines beschlussanfechtenden Verwalters gegen eine vermeintlich aus seiner Sicht zu Unrecht erfolgte Abberufungs-Mehrheitsentscheidung der Eigentümer ggf. auch aus berechtigten Reputationsgründen - je nach Einzelfall - bejahen. Ein aus wichtigem Grund abberufener Verwalter (ob nun zu Recht oder zu Unrecht) dürfte im Regelfall sicher die wechselseitig notwendige Vertrauensbeziehung verloren haben und m.E. bei meist unmittelbar nachfolgender Neubestellung eines Verwalters auch nicht "rückwirkend" wieder seine "Rechtsstellung zurückgewinnen" wollen; dies läge sicher auch nicht im Interesse der Gemeinschaft. M.E. könnte er diese Stellung sogar (trotz rechtskräftig entschiedener Abberufungsbeschluss-Ungültigkeit) nicht mehr erlangen, wenn vorbehaltlos und bestandskräftig...

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