Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 43 Abs. 1 WEG, § 45 Abs. 1 WEG, § 15 Abs. 2 FGG, § 22 Abs. 1 und Abs. 2 FGG
Kommentar
1. Im vorliegenden Fall kam der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht zum Ergebnis, dass die beauftragte Kanzlei die Beschwerdefrist in Wohnungseigentumssachen offensichtlich nicht gekannt habe. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung im amtsgerichtlichen Beschluss hindert einen Fristbeginn und Fristablauf nicht, da für Entscheidungen im Wohnungseigentumsverfahren als einem Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit diese Belehrung anders als in anderen Verfahrensordnungen nicht gilt, hier eine Rechtsmittelbelehrung nicht vorgeschrieben ist. Hält man aber, einer namentlich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erkennbaren Tendenz folgend (vgl. Beschluss vom 20.6.1995, NJW 95, 3173), die Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung unabhängig von einer positiven rechtlichen Regelung jedenfalls an nicht von Rechtsanwälten vertretene Parteien oder Verfahrensbeteiligte für geboten, so kann das Fehlen der Belehrung nur zur Folge haben, dass die Fristversäumung im Einzelfall als unverschuldet behandelt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss. Dies gilt aber auch im vorliegenden Fall nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte wie hier von einem Rechtsanwalt vertreten wurde, dem auch die dem befristeten Rechtsmittel unterliegende Entscheidung zugestellt worden ist. Ein Rechtsanwalt muss jedenfalls gängige Fristen (wie auch die Beschwerdefrist im WE-Verfahren) unabhängig von einer Rechtsmittelbelehrung kennen.
Im vorliegenden Fall wurden auch die für eine Wiedereinsetzung gebotenen Voraussetzungen nicht erfüllt, da keine Tatsachen glaubhaft gemacht wurden, die eine Fristversäumung als unverschuldet erscheinen ließen. Vielmehr war es hier möglich, wenn nicht sogar naheliegend, dass die Säumnis von der Kanzlei verschuldet wurde, was sich ein Verfahrensbeteiligter zuzurechnen lassen hat. Glaubhaftmachung ist eine Art der Beweisführung, durch die dem Gericht nicht die volle Überzeugung, sondern lediglich die erhebliche, ernstliche Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit eines zu beweisenden Sachverhalts vermittelt werden muss (hier verneint). Solche Tatsachen und Beweismittel für die Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes können auch noch nach Ablauf der 2-Wochenfrist des § 22 Abs. 2 S. 1 FGG vorgebracht werden. Die 2-Wochenfrist gilt nur für die Antragstellung und die Wiederholung der Beschwerdeeinlegung.
Da das Gericht der weiteren Beschwerde den für die Zulässigkeit der Erstbeschwerde maßgebenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht würdigen kann, ist dies auch noch im dritten Rechtszug möglich. Vorliegend wurde die Richtigkeit eidesstattlicher Versicherungen einer Kanzleiangestellten als bereits in sich unschlüssig in Frage gestellt, was in den Gründen der Entscheidung näher dargelegt wurde.
2. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für diese Instanz von DM 80.000 (es ging in der Hauptsache des Verfahrens um die Verpflichtung einer Miteigentümerseite auf Zustimmung zu einem Wohnungsveräußerungsvertrag kraft entsprechender Vereinbarung in der Teilungserklärung).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 14.12.1995, 2Z BR 89/95)
Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren