Zusammenfassung
Der Beitrag stellt die Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers auf eine Abmahnung dar. Schwerpunktmäßig geht es darum, wann er einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte hat.
Das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist nirgendwo gesetzlich verankert, sondern beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Für die außerordentliche Kündigung gibt es die Vorschrift des § 314 Abs. 2 BGB, wonach im Falle von Vertragspflichtverletzungen bei sog. Dauerschuldverhältnissen die Kündigung erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist.
Im Übrigen kann nur auf § 1 Abs. 2 KSchG zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung und auf § 626 BGB für die außerordentliche Kündigung Bezug genommen werden.
1 Alle Reaktionsmöglichkeiten im Überblick
Die Abmahnung beeinträchtigt den Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht. Ihm steht das Recht zu, wie folgt auf eine Abmahnung zu reagieren:
- Aufforderung an den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen,
- Gegenvorstellung gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG zu der Personalakte reichen,
- Beschwerde beim Betriebsrat oder auch beim Arbeitgeber wegen ungerechter Behandlung nach §§ 84, 85 BetrVG,
- Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte
- gar nichts zu tun, aber später bei einem eventuellen Kündigungsschutzprozess vortragen, dass die (damalige) Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei.
2 Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte
2.1 Anspruchsgrundlage
Der Arbeitnehmer kann sich gegen eine unberechtigte Abmahnung gerichtlich zur Wehr setzen und verlangen, diese aus der Personalakte zu entfernen. Als Anspruchsgrundlage für den Entfernungsanspruch kommen §§ 242, 1004 BGB analog in Betracht, da eine zu Unrecht erteilte Abmahnung den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und damit in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
2.2 Inhaltlich unwirksame Abmahnung
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung sowie auf Entfernung des Abmahnungsschreibens aus der Personalakte, wenn die Abmahnung entweder
- inhaltlich unbestimmt ist,
- unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, oder
- auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, d. h. die verletzte Pflicht und/oder die der Pflicht zugrunde liegende Rechtsgrundlage werden nicht korrekt benannt.
Mehrere Pflichtverletzungen in einer Abmahnung
Wenn in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen abgemahnt werden, diese aber nur für einen Teil von ihnen berechtigt ist, so muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Personalakte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben.
Der Arbeitgeber kann dann aber eine neue Abmahnung, beschränkt auf die zu Recht gerügten Pflichtverletzungen, aussprechen.
2.3 Unverhältnismäßigkeit der Abmahnung
Eine Abmahnung ist auch zu entfernen, wenn sie unverhältnismäßig ist. Es können auch geringfügige Pflichtverletzungen grundsätzlich abgemahnt werden. Ein Unverhältnismäßigkeit kommt daher nur ausnahmesweise, insbesondere bei der Abmahnung einzelner Bagatellverstöße in Betracht.
2.4 Entwertung der Abmahnung durch Zeitablauf
Haben sich nach Ausspruch der Abmahnung längere Zeit keine gleichgelagerten Vorkommnisse ereignet, verliert die Abmahnung an Bedeutung. Denn sie kann in einem Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis keinen Dauerdruck erzeugen. Der Arbeitnehmer zeigt ja gerade durch sein vertragsgerechtes Verhalten, dass er sich die Abmahnung zu Herzen genommen hat.
Das BAG lehnt allerdings die Festlegung bestimmter Fristen ab und vertritt die Ansicht, es komme auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine Entfernung kommt nach dem BAG erst dann in Betracht, wenn das gerügte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist.
Das dürfte allenfalls in Einzelfällen zu bejahen sein, denn eine Abmahnung kann für eine spätere Interessenabwägung auch dann noch Bedeutung haben, wenn sie ihre kündigungsrechtliche Warnfunktion verloren hat.
Insbesondere bei lange zurückliegenden, nicht schwerwiegenden und durch beanstandungsfreies Verhalten überholten Pflichtverstößen kann eine Abmahnung aber auch für eine in der Zukunft durchzuführende Interessenabwägung gänzlich unbedeutend sein.
Gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitnehmer ein Einsichtsrecht in die über ihn geführte Personalakte. Deshalb hat er auch die Möglichkeit zu überprüfen, ob durch Zeitablauf entwertete Abmahnungen entfernt wurden oder sich noch in der Akte befinden. Eine durch Zeitablauf entwertete Abmahnung (wenn sich also mittlerweile keine gleichgelagerten Vorfälle ereignet haben) ist auf Aufforderung durch den Arbeitnehmer zu entfernen. Dies gebietet das Persönlichkeitsrecht.
2.5 Formell unwirksame Abmahnung
Der Entfernungsa...