Leitsatz
Ein vom Kalenderjahr abweichender Abrechnungszeitraum verstößt gegen § 28 Abs. 1 WEG. Der Verwalter darf vom Kalenderjahr nur abweichen, wenn eine Vereinbarung einen anderen Abrechnungszeitraum bestimmt. Besteht eine langjährige Übung einer Abrechnung in Abweichung vom Kalenderjahr, kann für künftige Abrechnungen die Umstellung auf das Kalenderjahr verlangt werden.
Normenkette
§ 28 Abs. 2 WEG
Das Problem
Die Wohnungseigentümer genehmigen die Gesamt- und Einzelabrechnungen für das Jahr 2010, die die Heizkosten für die Zeit vom 1.12.2009 bis zum 31.12.2010 enthält. Guthaben bzw. Fehlbeträge aus den jeweiligen Einzelabrechnungen sollen sofort fällig sein. Fehlbeträge sind "in den nächsten Tagen auf das Gemeinschaftskonto anzuweisen". Bei den Eigentümern, die eine Einzugsermächtigung erteilt haben, sollen Nachzahlungen und Guthaben von beim nächsten regulären Lastschriftlauf mit eingezogen bzw. ausgezahlt werden. Wohnungseigentümer K geht gegen diese Beschlüsse jeweils vor.
Die Entscheidung
- Die Abrechnung 2010 entspräche ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein vom Kalenderjahr abweichender Abrechnungszeitraum verstoße zwar – wenn nichts anderes vereinbart ist – gegen § 28 Abs. 1 WEG. Bestehe eine langjährige Übung einer Abrechnung in Abweichung vom Kalenderjahr, könne für künftige Abrechnungen aber die Umstellung auf das Kalenderjahr verlangt werden. Dies habe zur Folge, dass im Zeitpunkt der Umstellung ein Monat bzw. mehrere Monate als Differenz verblieben, hier der Monat Dezember. Dies sei nicht zu beanstanden.
- Es widerspreche auch nicht § 21 Abs. 4 WEG, dass Fehlbeträge "in den nächsten Tagen" anzuweisen sind, wohingegen bei Eigentümern, die eine Einzugsermächtigung erteilt haben, die Nachzahlungsbeträge mit der nächsten regulären Lastschrift eingezogen werden sollen. Wohnungseigentümer seien berechtigt, gem. § 21 Abs. 7 WEG mit Mehrheit sowohl Fragen der Zahlungsabwicklung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an die einzelnen Wohnungseigentümer als auch die Einführung des Lastschriftverfahrens zu beschließen. Dem Verwalter könne nicht zugemutet werden, beschlossene Nachzahlungsbeträge "außerhalb des regulären Lastschriftverfahrens"sofort einzuziehen.
Kommentar
- Der Abrechnungszeitraum muss grundsätzlich dem Zeitraum des Wirtschaftsplans entsprechen. Er darf aber – z.B. für eine ggf. notwendige Umstellung (wie im Fall), bei Neubauten, neuen Wohnungseigentumsanlagen und ggf. auch bei einem unterjährigen Verwalterwechsel – diesen ausnahmsweise auch über- oder unterschreiten. Die Anfechtung der Abrechnung wegen Abweichung von der kalenderjährlichen Abrechnung ist daher wenigstens treuwidrig, wenn die Wahl des Abrechnungszeitraums der Umstellung auf das Kalenderjahr dient und eine weniger nachteilige Umstellung nicht ersichtlich ist.
- Etwas Besonderes gilt, wenn im Laufe eines Jahres eine (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht. In diese Abrechnung dürfen nur die Ausgaben und Einnahmen, die aus der Zeit nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft stammen – wenn die Wohnungseigentümer noch vor diesem Zeitpunkt angefallene Ausgaben und Einnahmen als solche der Wohnungseigentümergemeinschaft "anerkennen", vor allem die Verbindlichkeiten des Bauträgers als solche des Verbands Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigen. Enthält die Abrechnung dennoch Positionen, vor Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, ist der Genehmigungsbeschluss insoweit nichtig.
- Wohnungseigentümer können nach § 21 Abs. 7 Fall 1 WEG die Regelung der Art und Weise der von ihnen geschuldeten Zahlungen, deren Fälligkeit und der Folgen des Verzugs mit einer geschuldeten Zahlung beschließen. Die Wohnungseigentümer können z.B. allgemein und abstrakt beschließen, wann eine Forderung gem. einem Wirtschaftsplan, einer Sonderumlage oder einer Jahresabrechnung zu bezahlen und zu entgelten ist. Ferner kann eine Verfall- oder eine Vorfälligkeitsklausel beschlossen werden. § 21 Abs. 7 Fall 1 WEG erlaubt weiter, eine Tilgungsbestimmung für Teilzahlungen auf das Hausgeld abweichend von § 366 BGB zu bestimmen.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Bei "maßnahmenbezogenen" Einnahmen und Ausgaben soll es im Einzelfall zulässig sein, über mehrere Jahre abzurechnen. So sollte aber kein Verwalter verfahren. Die Lösung solcher Fragen muss innerhalb der jährlichen Abrechnung gefunden werden.
Muster: Grundlagenbeschluss Abrechnungszeitraum
Die Abrechnungen der Wohnungseigentumsanlage ___ haben in den zurückliegenden Jahren den Zeitraum ___ bis ___ umfasst. Künftig soll der Abrechnungszeitraum wieder dem Wirtschaftsjahr entsprechen. Die Abrechnung ___ soll daher einmalig und ausnahmsweise den Zeitraum ___ bis ___ umfassen.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündet folgendes Beschlussergebnis:
Der Beschluss, ____ (Inhalt), wurde angenommen/abgelehnt.
Link zur Entscheidung
LG Köln, Urteil vom 08.05.2014, 29 S 241/13