Leitsatz
Das Gebot der Abstammungssicherung und das Ziel der Vaterschaftsermittlung erfordern - wenn eine Vaterschaft noch nicht besteht - die Möglichkeit der nicht fristgebundenen Vaterschaftsfeststellung gem. § 1600d BGB. Verfassungsrechtliche Bedeutung des Bedürfnisses des Kindes nach Klärung seiner wahren Abstammung.
Sachverhalt
Die Mutter E.P. des im Januar 1967 geborenen Antragstellers ist im Mai 1975 verstorben. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war sie verheiratet mit dem R.P., der die Vaterschaft mit seiner im Jahre 2002 eingereichten Klage angefochten hat. Durch seit Februar 2003 rechtskräftiges Urteil wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens festgestellt, dass R.P. nicht der Vater des Antragstellers ist. Mit seinem kurz darauf eingereichten Antrag hat der Antragsteller begehrt, festzustellen, dass der im Dezember 1939 geborene und am 30.08.2001 verstorbene A.K. sein Vater ist. Beteiligte zu 1) in diesem Verfahren war die Witwe des Verstorbenen, Beteiligter zu 2) sein aus der Ehe hervorgegangener Sohn. Beide haben Zurückweisung des Antrages begehrt. Nach Beweiserhebung durch Einholung eines Abstammungsgutachtens hat das Familiengericht festgestellt, dass der im Dezember 1939 und am 20. August 2001 verstorbene A.K. der Vater des Antragstellers ist. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihren Beschwerden. Sie vertreten die Auffassung, das Vaterschaftsfeststellungsverfahren sei rechtsmissbräuchlich. Der Antragsteller habe bereits seit dem Jahre 1998 Kenntnis von den Umständen gehabt, die gegen die Vaterschaft des R.P. sprechen. Gleichwohl habe er erklärt, nichts unternehmen zu wollen, da er den R.P. als seinen Vater ansehe. Er habe bewusst die Anfechtungsfrist verstreichen lassen und eindeutig zu erkennen gegeben, dass er eine Vaterschaftszuordnung zu dem Verstorbenen A.K. nicht wünsche. Seine jetzigen Aktivitäten in Form des Feststellungsverfahrens seien allein durch eine mögliche Beteiligung an dem Nachlass des Verstorbenen motiviert gewesen. Im Übrigen habe der Antragsteller im Anfechtungsverfahren durch kollusives Zusammenwirken mit R.P. das dort ergangene Urteil erwirkt. Beide hätten in jenem Verfahren nicht ordnungsgemäß zur Frage der Anfechtungsfrist vorgetragen. Der R.P. sei bereits in den 80er Jahren von dem Verstorbenen A.K. informiert worden, dass dieser von der Kindesmutter als Vater des Antragstellers benannt worden sei. Danach sei die Anfechtungsfrist für den R.P. im Jahre 2002 längst abgelaufen gewesen, so dass das dortige Urteil nicht hätte ergehen dürfen. Es sei dann auch eine Feststellungsklage nicht mehr möglich. Mittelbar sei die Vaterschaftsfeststellung durch die Befristung der Vaterschaftsanfechtung einer Frist unterworfen. Aus dem rechtsmissbräuchlich erwirkten Urteil könne der Antragsteller im vorliegenden Verfahren Rechte nicht herleiten.
Der Antragsteller begehrt Zurückweisung der Beschwerden und vertritt die Auffassung, sein Feststellungsantrag sei zulässig, da § 1600d BGB eine Antragsfrist nicht vorsehe und § 1600b Abs. 1 BGB nicht analog anwendbar sei. Sein Antrag sei nicht rechtsmissbräuchlich, da es sich um einen gesetzlichen Anspruch handele. Im Übrigen verfolge er weder unlautere Ziele noch habe er einen Vertrauenstatbestand begründet. Ein kollusives Zusammenwirken mit dem Putativvater im Anfechtungsprozess wird von ihm bestritten. Ziel der Beteiligten sei allein, ihm sein Erbe streitig zu machen.
Entscheidung
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) blieben in der Sache ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung des Familiengerichts, wonach der Vaterschaftsfeststellungsantrag nach § 16d BGB i.V.m. § 16e Abs. 2 BGB nicht fristgebunden ist. Es kommt daher nicht darauf an, wann der Antragsteller von den Umständen erfahren hat, die gegen die Vaterschaft des R.P. sprachen. Ein rechtspolitisches Bedürfnis nach einer Fristenregelung im Vaterschaftsfeststellungsverfahren bestehen nicht. Der Gesetzgeber habe weder die Neuregelung durch das am 1.7.1998 in Kraft getretene Kindschaftsrechtsreformgesetz noch die nach folgenden gesetzlichen Änderungen zum Anlass genommen, eine entsprechende Befristung des Antrages auf Vaterschaftsfeststellung vorzunehmen. Eine mittelbare Befristung ergäbe sich allerdings immer dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Vaterschaft aufgrund von §§ 1592 Nr. 1, 2, 1593 BGB bestanden hat und diese zunächst durch eine Vaterschaftsanfechtung beseitigt werden muss, bevor die gerichtliche Feststellung eines anderen Mannes als Vater statthaft ist. Bei Versäumung der zweijährigen Anfechtungsfrist nach §§ 1599 Abs. 1, 1600b Abs. 1 S. 1 BGB kommt auch eine Vaterschaftsfeststellung nicht mehr in Betracht. Auch im Hinblick hierauf begegnet der Feststellungsantrag keinen Bedenken. Selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführer eine Fristversäumnis im Anfechtungsverfahren unterstellt wird, rechtfertigt dies keine andere Sicht. Eine mittelbare Revisibilität eines Verfahrensfehlers im Anfechtungsprozess innerhalb des darauf ...