Entscheidungsstichwort (Thema)
Abstammungssicherung und Ziel der Vaterschaftsermittlung
Leitsatz (amtlich)
Das Gebot der Abstammungssicherung und das Ziel der Vaterschaftsermittlung erfordern die derzeitige Möglichkeit der nicht fristgebundenen Vaterschaftsfeststellung gem. § 1600d BGB, es sei denn, eine Vaterschaft besteht bereits. Das Bedürfnis des Kindes nach Klärung seiner wahren Abstammung hat dabei verfassungsrechtliche Bedeutung.
Normenkette
BGB §§ 1600d, 1600e
Verfahrensgang
AG Lebach (Beschluss vom 12.11.2004; Aktenzeichen 2 F134/03) |
Tenor
I. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und zu 2) gegen den Beschluss des AG - FamG - in Lebach vom 12.11.2004 - 2 F 134/03 - werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben, jeweils hälftig, dem Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.
III. Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Der am Januar 1967 geborene Antragsteller ist der Sohn der im Mai 1975 verstorbenen E. P.. Diese war zum Zeitpunkt der Geburt des Antragstellers verheiratet. Ihr Ehemann, Herr R. P., hat die Vaterschaft mit seiner am 17.9.2002 beim AG - FamG - Lebach eingereichten Klage angefochten. Durch Urteil des AG - FamG - in Lebach vom 14.1.2003 - 2 F 408/02 - wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens festgestellt, dass Herr R. P. nicht der Vater des Antragstellers ist. Das Urteil ist seit 25.2.2003 rechtskräftig.
Mit seinem am 4.3.2003 beim FamG eingereichten Antrag hat der Antragsteller begehrt, festzustellen, dass der am Dezember 1939 geborene und am 30.8.2001 verstorbene A. K. sein Vater ist.
Die Beteiligte zu 1) ist die Witwe des Verstorbenen, der Beteiligte zu 2) der aus der Ehe hervorgegangene Sohn des Verstorbenen.
Sie haben um Zurückweisung des Antrags gebeten.
Das FamG hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 26.2.2004. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Abstammungsgutachten des Instituts für Genetische Diagnostik IGD Prof. Dr. med. Z., vom 30.4.2004 verwiesen.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das FamG festgestellt, dass der am Dezember 1939 geborene und am 20. (gemeint wohl: 30.)August 2001 verstorbene Herr A. K. der Vater des Antragstellers ist.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihren Beschwerden, mit denen sie Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (gemeint wohl: Zurückweisung des Feststellungsantrags) erstreben.
Sie sind der Auffassung, dass das Vaterschaftsfeststellungsverfahren rechtsmissbräuchlich ist. Der Antragsteller habe bereits seit 1998 Kenntnis von den Umständen gehabt, die gegen die Vaterschaft des R.P. sprachen. Er habe aber gleichwohl erklärt, dass er nichts unternehmen wolle, weil er den R.P. als seinen Vater ansehe und habe in der Folge bewusst die Anfechtungsfrist verstreichen lassen. Damit habe er eindeutig zu erkennen gegeben, dass er keine Vaterschaftszuordnung zu dem Verstorbenen Herrn A.K. wünsche. Dass er nach dessen Tod das Feststellungsverfahren in Gang gebracht habe, sei ausschließlich durch eine mögliche Beteiligung am Nachlass des Verstorbenen motiviert gewesen.
Auch habe der Antragsteller im Anfechtungsverfahren durch kollusives Zusammenwirken mit Herrn R.P. das dort ergangene Urteil erwirkt. Beide hätten in jenem Verfahren nämlich nicht ordnungsgemäß zur Frage der Anfechtungsfrist vorgetragen, indem sie die Tatsachen verschwiegen hätten, aus denen sich der Ablauf der Anfechtungsfrist ergeben hätte. Denn der R.P. sei bereits in den achtziger Jahren vom Verstorbenen informiert worden, dass dieser von der Kindesmutter als Vater des Antragstellers benannt worden sei. Demnach sei die Anfechtungsfrist für den R.P. im Jahr 2002 längst abgelaufen gewesen, so dass das dortige Urteil nicht hätte ergehen dürfen. Dann sei aber auch eine Feststellungsklage nicht mehr möglich. Mittelbar sei nämlich auch die Vaterschaftsfeststellung durch die Befristung der Vaterschaftsanfechtung einer Frist unterworfen. Aus dem rechtsmissbräuchlich erwirkten Urteil könne der Antragsteller aber im vorliegenden Verfahren keine Rechte herleiten.
Der Antragsteller bittet unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses um Zurückweisung der Beschwerden.
Er ist der Auffassung, sein Feststellungsantrag sei zulässig, da § 1600d BGB eine Antragsfrist nicht vorsehe und § 1600b Abs. 1 BGB nicht analog anwendbar sei.
Auch sei sein Antrag nicht rechtsmissbräuchlich, da es sich um einen gesetzlichen Anspruch handele. Im Übrigen habe er auch weder einen Vertrauenstatbestand begründet, noch verfolge er unlautere Ziele.
Er bestreite ein kollusives Zusammenwirken mit dem Putativvater im Anfechtungsprozess und ist der Ansicht, dass der diesbezügliche Vorwurf jeglicher Grundlage entbehre. Auch bestreite er das von den Beschwerdeführern behauptete Treffen des Putativvaters mit dem Verstorbenen in den 80-er Jahren. Dieser sei auch nicht von Verwandten informiert worden, sondern habe erstmals nach der Blutuntersuch...