Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschädigte kann die Kosten für die Einholung eines sog. Ergänzungs- oder Nachtragsgutachtens aufgrund eines von dem Schädiger eingeholten Gegengutachtens nur dann erstattet verlangen, wenn er dies im Zeitpunkt der Beauftragung des zweiten Gutachtens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte.
2. Dies ist der Fall, wenn das Gegengutachten des Geschädigten technische Einwendungen enthält, die eine ergänzende Stellungnahme durch einen technischen Sachverständigen erfordern. In diesem Fall ist unerheblich, ob der Geschädigte damit rechnen darf, dass der Schädiger aufgrund des Ergänzungsgutachtens seine Auffassung ändern und den Schaden nunmehr vollständig regulieren wird.
3. Erfordert demgegenüber der Inhalt des Gegengutachtens keine sachverständige Beurteilung, weil der Schädiger bestimmte in dem Schadensgutachten des Geschädigten enthaltene Schadenspositionen allein aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für unbegründet erachtet, ist für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar, dass eine ergänzende Stellungnahme durch einen technischen Sachverständigen nicht geeignet ist, eine zweckentsprechende Verfolgung seiner Ansprüche zu ermöglichen.
Normenkette
BGB §§ 398, 249 Abs. 2 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 85,32 € festgesetzt.
Gründe
(unter Verzicht auf einen Tatbestand gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, § 115 VVG i.V. mit § 398 Satz 1 BGB kein Anspruch auf Erstattung der Kosten seines am 06.02.2012 erstellten Ergänzungsgutachtens in Höhe von 85,32 € aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 05.12.2011 zu.
Die unstreitig erfolgte Abtretung des Anspruchs an den Kläger ist allerdings wirksam, insbesondere ist sie hinreichend bestimmt, da sie sich ausdrücklich auf die Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des Sachverständigen beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 f.).
Die Klage ist jedoch unbegründet, weil dem Zedenten ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht. Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass die Kosten für das Ergänzungsgutachten vom 06.02.2012 neben den bereits mit Schreiben vom 16.12.2011 in Rechnung gestellten Kosten für das Schadensgutachten vom 16.12.2011 nicht gesondert geltend gemacht werden können, sondern mit diesem bereits abgegolten sind. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn das Schadensgutachten des Klägers vom 16.12.2011 mangelhaft gewesen wäre und daher der Kläger die Kosten der (vergeblichen) Nachbesserung gemäß § 635 Abs. 2 BGB zu tragen hätte. Dass das Schadensgutachten mangelhaft i.S. des § 633 BGB ist, hat die Beklagte indes nicht hinreichend dargetan.
Jedoch steht dem Kläger ein Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht nicht zu, weil die Kosten für das von dem Zedenten in Auftrag gegebene Ergänzungsgutachten vom 06.02.2012 nicht gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Beklagten zu erstatten sind. Der Schädiger hat die Kosten eines von dem Geschädigten zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit dieses aus Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.2004 - VI ZR 365/03, NJW 2005, 356 f.; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 396). Da die Begutachtung in der Regel Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1988 - X ZR 112/87, NJW 1989, 953, 956), hat der Schädiger die Kosten für ein von dem Geschädigten in Auftrag gegebenes Schadensgutachten regelmäßig zu erstatten und zwar selbst dann, wenn der Schädiger selbst einen Gutachter beauftragt hat (vgl. hierzu eingehend AG Oldenburg (Holstein), Urt. v. 22.04.2008 - 22 C 1021/07, [...] m.w.Nachw.).
Ob der Schädiger auch verpflichtet ist, die Kosten eines von dem Geschädigten in Auftrag gegebenen Ergänzungs- oder Nachtragsgutachtens zu tragen, insbesondere wenn der Schädiger ein Gegengutachten in Auftrag gegeben hat, das den Feststellungen des von dem Geschädigten beauftragten Gutachters widerspricht, hängt nach dem Gesagten davon ab, ob der Geschädigte die Beauftragung seines Gutachters mit der Erstellung eines Ergänzungs- oder Nachtragsgutachtens im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht abstrakt, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilen (zu pauschal daher AG Nürnberg, Urt. v. 02.05.2008 - 34 C 1589/08, SP 2008, 306; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 401).
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass das Privatgutachten einer Partei im Zivilprozess lediglich als Parteivortrag zu w...