Tenor
Der Beschluß der Eigentümerversammlung vom 05.05.1997 betreffend TOP 13 wird für unwirksam erklärt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Antragsteller und die Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft ….
Durch die Hausverwaltung wurde festgestellt, daß mindestens 5 Schwingflügelfenster im Giebel des Hauses 2 reparaturbedürftig sind und ausgetauscht werden müssen.
Die Hausverwaltung hat bei der Einholung von Angeboten feststellen müssen, daß der Austausch der Schwingflügelfenster in neue Schwingflügelfenster um ca. 1.000,00 DM pro Stück teurer ist als der Austausch dieser Fenster in zweiflügelige Dreh-/Kippfenster.
Die Eigentümerversammlung hat darauf hin unter TOP 13 in der Eigentümerversammlung vom 05.05.1997 mit 19 Ja und 16 Nein bei 6 Enthaltungen beschlossen, den betroffenen Eigentümern zu gestatten, die wesentlich preiswertere Version zu wählen, also den Einbau von mittig geteilten Dreh-/Kippfenstern vorzunehmen.
Die Antragsteller sind der Ansicht,
der Beschluß sei rechtswidrig, da er eine Veränderung des Gemeinschaftseigentum beinhalte, die nur einheitlich beschlossen werden könne. Die einheitliche Außenansicht der fraglichen Giebelseite wäre durch den teilweise Einbau von mittig geteilten Fenstern nicht mehr gegeben. Zudem hätten diese Fenster gegenüber den früherer. Schwingflügelfenstern auch Nutzungsnachteile.
Die Antragsteller beantragen,
wie erkannt.
Für die Antragsgegner ist im Verhandlungstermin lediglich der WEG-Verwalter erschienen der aufgrund seiner Neutralitätspflicht keinen Antrag gestellt hat.
Der Antrag ist begründet.
Mit dem streitgegenständlichen Beschluß wird den betroffenen Eigentümern gestattet, eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG vorzunehmen. Unter baulicher Veränderung im Sinne dieser Vorschrift ist jeder gegenständliche Eingriff in das Gemeinschaftseigentum zu verstehen. Selbst optische Veränderungen des Gesamteindruckes der Anlage fallen darunter. Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist aber für derartige Veränderungen erforderlich, daß alle Eigentümer nicht nur die Anwesenden zustimmen. Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall.
Ein Ausnahmefall im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 ist gleichfalls nicht gegeben.
Nach dieser Vorschrift ist die Zustimmung aller Eigentümer ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn eine Beeinträchtigung, die über das für ein geordnetes Zusammenleben unvermeidbare Maß nicht hinausgeht, nicht gegeben ist.
Vorliegend kann dabei offen bleiben, ob der Meinung in Literatur und Rechtsprechung zuzustimmen ist, wonach bereits jede optische Veränderung des architektonischen Bildes zwangsläufig auch eine Beeinträchtigung im vorgenannten Sinne darstellt.
Selbst wenn man davon ausgeht, daß auch bei optischen Veränderungen zusätzlich eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer im vorgenannten Sinne gegeben sein muß, ist diese vorliegend zu bejahen. Zu betonen ist dabei, daß das Gericht nicht befugt ist, sein eigenes Ermessen/seinen eigenen Geschmack an die Stelle desjenigen des beeinträchtigten Wohnungseigentümers zu setzen. Maßstab für die Beurteilung ist vielmehr, ob nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation sich verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 7. Aufl., zu § 22 Rndnr. 113 und Rndnr. 125; jeweils unter Bezugnahme auf BGHZ 116, 392, 396).
Bei Anlegung dieses Maßstabes aber kann den Antragstellern nicht abgesprochen werden, daß man die aus dem Beschluß resultierende optische Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Westgiebels als optisch störend empfindet.
Hinzu kommt, daß die Antragsteller plausibel machen konnten, daß ein einheitliches Bild auch nicht dadurch wieder erreicht werden kann, daß langfristig sämtliche Fenster dieses Giebels in Dreh-/Kippfenster ausgetauscht werden.
Zum einen sind bereits mehrere Fenster des Westgiebels bereits in Schwingflügelfenster ausgetauscht, so daß ein entsprechender Austauschbedarf auf Jahre hinaus nicht mehr gegeben ist. Zum anderen weisen Schwingflügelfenster gegenüber Dreh-/Kippfenstern unterschiedliche Vor-/bzw. Nachteile auf, die dann entscheidend von der konkreten Nutzung des Raumes bzw. Bades abhängen, so daß ein „eindeutiger Nutzungsvorteil” auch nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei haben die Antragsgegner als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Demgegenüber bestand keine Veranlassung von dem in § 47 Satz 2 WEG niedergelegten Grundsatz abzuweichen, wonach jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat.
Geschäftswert: 8.000,00 DM
Fundstellen
Haufe-Index 867566 |
IPuR 1998, 37 |