Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Beklagten sind seit 1973 Mieter einer Wohnung in Berlin-Lichtenberg Im Mietvertrag heißt es unter Ziffer 9 c):

Eine Erklärung der Verwaltung ist rechtswirksam, wenn sie gegenüber einem Vertragspartner abgegeben wird.

Die Klägerin ist als neue Eigentümerin des Grundstücks 1995 als Vermieterin in das Mietverhältnis eingetreten. Mit Schreiben vom 6. Juli 2000 an den Beklagten zu 1) begehrte die Klägerin vertreten durch ihre Hausverwaltung die Zustimmung zur Mieterhöhung von 637,71 DM um 49,24 DM auf 686,95 DM mit Wirkung zum 1.10.2000. Die Beklagten stimmten diesem Verlangen nicht zu Frühere Schreiben der Hausverwaltung betreffend das Mietverhältnis waren jeweils an beide Beklagten gerichtet.

Die Klägerin wiederholte das Mieterhöhungsverlangen mit Schreiben vom 6.10.2000 gegenüber beiden Beklagten und begehrte die Zustimmung mit Wirkung zum 1.1.2001. Diesem Erhöhungsverlangen stimmten die Beklagten Ende Dezember 2000 zu.

Die Klägerin meint, bereits das erste Mieterhöhungsverlangen sei wegen der Regelung des Mietvertrages zu Ziffer 9 c wirksam gewesen.

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die Klägerin eine Zustimmung über den 1.1.2001 hinaus begehrt hat.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung … von bisher monatlich 637,71 DM um monatlich 49,24 DM auf monatlich 686,95 DM mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2000 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gemäß § 2 MHG, da das Mieterhöhungsverlangen vom 6. Juli 2000 unwirksam ist.

Grundsätzlich muß ein Mieterhöhungsverlangen gegenüber allen Mietern als Mietvertragsparteien abgegeben werden, damit es wirksam ist und der Vermieter gegebenenfalls einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Zustimmung zu dem Erhöhungsverlangen hat. Die Klägerin kann sich nicht auf eine vertraglich vereinbarte Ausnahme von diesem Grundsatz berufen, da die vertragliche Regelung zu Ziffer 9 c nicht in diesem Sinne ausgelegt werden kann.

Allerdings ist anerkannt, dass die Mieter sich gegenseitig zur Empfangnahme von Erklärungen des Vermieters bevollmächtigen können. Eine solche Vollmacht kann auch für die Entgegennahme von vertragsändernden Erklärungen wie einer Kündigung oder einer Mieterhöhungserklärung wirksam vereinbart werden (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.1997, NJW 1997, 3437 ff.). Die Parteien haben indessen in Ziffer 9 des Mietvertrages keine derartige Empfangsvollmacht vereinbart.

Der Wortlaut der Klausel zu Ziffer 9 c kann aber im allgemeinen dahingehend zu verstehen sein, dass damit die Erstreckung der Wirkung eines Rechtsgeschäfts auf daran nicht beteiligte Dritte vereinbart werden sollte (vgl. KG, Rechtsentscheid v 25.10.1984, WuM 1985, 12, 13). Dies soll jedenfalls für Mieterhöhungserklärungen eine zulässige Abweichung von dem Grundsatz des § 425 BGB sein, wonach bestimmte Tatsachen nur gegenüber dem Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten (vgl. KG, a.a.O., WuM 1985, 12, 14).

Die zwischen den Parteien geltende Klausel zu Ziffer 9 c des Mietvertrages ist jedoch nicht im Sinne der vorgenannten Entscheidungen als zulässige Empfangsvollmacht oder Erstreckungsklausel zu verstehen, da die Klausel nur angemessen unter Berücksichtigung des damals geltenden Rechts der DDR ausgelegt werden kann Vor diesem Hintergrund kann der Klausel keine Erstreckungswirkung beigemessen werden. Im Jahr 1973 gab es in der DDR unter der Geltung des BGB keinen gesetzlich normierten Anspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung. Das 1974 in der Bundesrepublik in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHG) galt in der DDR nicht. Mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches der DDR durfte gemäß § 103 ZGB-DDR der im Mietvertrag zu vereinbarende Mietpreis den zulässigenMietpreis aufgrund staatlicher Festlegung nicht übersteigen. Sofern es einer Änderung der Mietpreisvereinbarung bedurfte, musste das zuständige Preisorgan auf Antrag einer Mietvertragspartei einen neuen zulässigen Mietpreis unter Berücksichtigung des örtlichen Preisniveaus oder der Gebrauchswerterhöhung bestimmen.

Die im Jahre 1973 getroffene vertragliche Regelung zu Ziffer 9 c des Vertrages konnte daher von keiner der damals beteiligten Mietvertragsparteien mit der Vorstellung verbunden werden, dass der Zugang eines Mieterhöhungsverlangens gegenüber einem Mieter auch gegenüber einem anderen Mitmieter wirken sollte. Die Rechtswirklichkeit ergab vielmehr, dass die Regelung nur solche Erklärungen des Vermieters erfasste, die informativen oder organisatorischen Charakter hatten und lediglich die inhaltliche Ausgestaltung des Mietverhältnisses im Alltag betrafen Hieran muss sich auch die erst später in das Vertr...

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