Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsmietverhältnis
Tenor
1. Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 17. Oktober 1994 unwirksam ist und das Mietverhältnis betreffend die Wohnung im …, nach dem 31. Januar 1994 unverändert mit den Klägerinnen fortbesteht.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerinnen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.250,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob die Klägerinnen in das Mietverhältnis zwischen der verstorbenen Mutter der Klägerin zu 1) und der Beklagten eingetreten sind.
Die am 12. Januar 1993 verstorbene Mutter der Klägerin zu 1) war – neben ihrem vorverstorbenen Ehemann – Mieterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten in der im Tenor bezeichneten Wohnung. Bei der Wohnung handelt es sich um eine Vier-Zimmer-Wohnung, der Mietzins beträgt monatlich 986,29 DM. Die Klägerin zu 1) und deren Bruder, der Zeuge … sind Erben ihrer Mutter.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 1994 bat die Klägerin zu 1), die seit 1986 Inhaberin einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der in Berlin-Prenzlauer Berg ist, die Beklagte unter Vorlage einer Verzichtserklärung ihres Bruders darum, das Mißverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung zusammen mit ihrer Tochter, der Klägerin zu 2), allein fortsetzen zu dürfen. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Oktober 1994 an die Klägerin zu 1) das Mietverhältnis und forderte sie auf, die Wohnung bis zum 31. Januar 1995 zu räumen. Zur Begründung ihrer auf die §§ 569, 569 a und 564 b Abs. 1 BGB gestützten Kündigung gab die Beklagte an, die Wohnung unterliege – was unstreitig ist – dem Gesetz über die Gewährleistung von Belegungsrechten im kommunalen und genossenschaftlichen
Wohnungswesen, der deshalb erforderliche Wohnberechtigungsschein sei nicht vorgelegt worden und es fehle an einem gemeinsamen Hausstand mit der Mutter. Wegen der Einzelheiten der Kündigung wird auf die Anlage K 7 zur Klageschrift Bezug genommen (Bl. 16–17 d.A.).
Die Klägerinnen behaupten, sie hatten seit dem 19. Januar 1988 ihren Lebensmittelpunkt in der streitgegenständlichen Wohnung gehabt, so daß ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen des § 569 a Abs. 2 BGB vorliegen wurden. Für eine Kündigung gemäß § 569 BGB sei die Kündigungsfrist versäumt, weil die Beklagte ihren Behauptungen nach Mitte Januar 1994 von dem Tod der Mutter in Kenntnis gesetzt worden sei. Zudem sei die Kündigung vom 17. Oktober 1994 formell unwirksam weil sie nur an die Klägerin zu 1) gerichtet sei.
Die Klägerinnen beantragen,
festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 17. Oktober 1994 unwirksam ist und das Mietverhältnis betreffend die Wohnung im … nach dem 31. Januar 1994 unverändert mit den Klägerinnen, hilfsweise mit der Klägerin zu 1) und ihrem Bruder, … als Mieter fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klägerinnen hätten ihren Wohnsitz in der … seit jeher beibehalten (Zeugnis: Mieter des Hauses …). Für die Fortsetzung des Mietverhältnisses fehle es an der schriftlichen Mitteilung gemäß § 125 Abs. 1 ZGB-DDR. Darüber hinaus beruft sich die Beklagte auf die Vorschrift des § 125 Abs. 2 ZGB und meint, das zuständige Wohnungsamt wurde den Klägerinnen keinen Wohnberechtigungsschein für die streitgegenständliche Wohnung erteilen.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten und zum Gegenstand der mundlichen Verhandlung gemachten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beschluß vom 24. April 1995 (Bl. 56 d.A.) Beweis erhoben Ober die Behauptung der Klägerinnen, sie hatten mit der Mutter gemeinsam einen Hausstand gehabt, durch Vernehmung der Zeugen … und … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 24. April 1995 (Bl. 56 R ff. d.A.) und 08. Juni 1995 (Bl. 66 f. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage liegen vor. Das gemäß § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse liegt in dem Umstand begründet, daß es den Klägerinnen nicht zuzumuten ist, zunächst eine Räumungsklage der Beklagten abzuwarten, um in dieser ihre Rechte geltend zu machen.
II.
Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 17. Oktober 1994 ist unwirksam, weil der Beklagten weder ein Kündigungsrecht gemäß § 569 Abs. 1 BGB noch gemäß § 569 a Abs. 5 BGB zusteht.
1.
Eine Kündigung gemäß § 569 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, weil die Klägerinnen in das Mietverhältnis nach § 569 a Abs. 2 Satz 1 BGB eingetreten sind (§ 569 Abs. 2 BGB). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Klägerinnen mit ihrer Mutter bzw. Großmutter einen gemeinsamen Hausstand geführt haben (§ 286 Abs. 1 ZPO).
Das Gericht folgt hierbei in erster Linie den glaubhaften Angaben des Bruders der Klägerin zu 1), derzufolge davon auszugehen ist, daß die Klägerin neu ihren Wirtschafts- und Lebe...