Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung von Wohnraum
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im Seitenflügel, 1. Etage rechts des Anwesens …, 1000 Berlin 44, belegene Wohnung, bestehend aus einem Zimmer, Küche, Diele, WC und Kellerraum zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Der Beklagte zu 1) mietete durch schriftlichen Mietvertrag vom 11. Februar 1980 die im Tenor zu 1. bezeichnete Wohnung. Im Mietvertrag zu § 2 Nr. 3 heißt es: „Die Anwendung des § 568 BGB” (stillschweigende Verlängerung der Mietzeit) wird ausgeschlossen.
In der Wohnung wohnten neben dem Beklagten zu 1) zunächst dessen Ehefrau sowie deren Sohn, der Beklagte zu 2) und Stiefsohn des Beklagten zu 1). Mit Schreiben vom 29. November 1989 teilte der Beklagte zu 1) 1 der Hausverwalterin, Ahrens, mit, daß seine Ehefrau aus der Wohnung ausgezogen sei. Der Beklagte zu 1) bewohnt nunmehr die streitbefangene Wohnung und eine weitere Wohnung. Der Beklagte zu 2) bewohnt nach wie vor die streitbefangene Wohnung.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1989 forderte der Kläger den Beklagten zu 1) durch Anwaltsschreiben auf, die Gebrauchsüberlassung der Wohnung an den Beklagten zu 2) zu unterlassen, und drohte Kündigung und Räumungsklage an, sofern dies nicht bis 15. Januar 1990 geschehen sei. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 28. Februar 1990 forderte der Kläger den Beklagten zu 1) auf, dem Beklagten zu 2) die Nutzung der Wohnung bis zum 15. März 1990 zu untersagen und drohte andernfalls Kündigung an. Diese erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30. März 1990.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Räumungsverlangen weiter.
Der Kläger beantragt,
wie im Tenor zu 1. erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, den Gebrauch der Wohnung nach § 568 BGB ohne Widerspruch des Klägers fortgesetzt zu haben. Sie meinen, der Stiefsohn des Beklagten zu 1), der Beklagte zu 2) sei ebenso wie andere Familienangehörige des Beklagten zu 1) berechtigt, in der Wohnung zu leben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Beklagten sind zur Räumung und Herausgabe der im Tenor zu 1. genannten Wohnung verpflichtet (vgl. § 556 I, III, § 985 BGB). Das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) wurde nämlich durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 30. März 1990 beendet. Die Kündigung ist nach § 553 BGB gerechtfertigt. Der Kläger hat den Beklagten zu 1) nämlich vor Ausspruch der Kündigung zweimal, unter dem 28. Februar 1990 und dem 30. März 1990 unter Androhung der Kündigung aufgefordert, die Überlassung der Wohnung an den Beklagten zu 2) zu beenden. Dessen ungeachtet, wohnt der Beklagte zu 2) weiterhin in der Wohnung.
Diese Gebrauchsüberlassung durch den Beklagten zu 1) ist unbefugt. Den Beklagten ist einzuräumen, daß der Mieter grundsätzlich berechtigt ist, nahe Angehörige in der von ihm gemieteten Wohnung aufzunehmen. Zu diesen zählen die Ehefrau des Mieters, ggf. dessen Eltern, sowie die gemeinsamen Kinder. Dieses Recht beruht auf einer Auswirkung des Art. 6 des Grundgesetzes auf die einfachrechtlichen Regelungen des BGB. Danach stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Eine Anwendung dieses Schutzes auf nicht zur Familie des Mieters zählende Angehörige verbietet sich. Denn eine Ausdehnung des Kreises der berechtigterweise in der Wohnung des Mieters sich aufhaltenden Familienmitglieder kann nicht nur im Einzelfall dazu fuhren, daß sich auf Dauer verschiedene Personen in der Mietwohnung aufhalten, deren Kreis der Vermieter nicht mehr zu überschauen vermag und mit deren Aufenthalt er auch nicht zu rechnen braucht. Dementsprechend hat das BayObLG (MDR 1984, S. 316 rechte Spalte) entschieden, daß der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt sei, seinen Bruder auf Dauer in die Mietwohnung aufzunehmen. Auch die Schwägerin des Mieters gehört nicht zu dem Personenkreis, deren Mitglieder der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters in die Mietwohnung aufnehmen darf (AG Schöneberg, GE 1990, S. 265 rechte Spalte).
Aus den genannten Entscheidungen ergibt sich indes nicht, ob der Stiefsohn des Mieters zu den engen Familienangehörigen zählt, deren Aufnahme in die Mietwohnung der Vermieter zu dulden hat. Diese Frage kann nicht für alle möglichen Falle einheitlich entschieden werden. Maßgebend ist vielmehr folgendes: Hat der Mieter seine Ehefrau in die Mietwohnung aufgenommen, so begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß auch deren Sohn, der nicht zugleich Sohn des Mieters ist, ohne Erlaubnis des Vermieters in der Wohnung leben d...