Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch, im Wege der erstweitigen Verfügung eine im Lebensgemeinschaft gemeinsam gewellte Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 2; ZPO § 940a
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagte lebten mit ihrer 1991 geborenen Tochter in Lebensgemeinschaft. Sie mieteten gemeinsam mit Mietvertrag vom 2. Februar 1994 eine 3-Zimmer-Wohnung. Die Verfügungsklägerin ist mit der Tochter … im September 1994 aus der Wohnung ausgezogen.
Die Verfügungsklägerin begehrt mit Antrag vom 6. Dezember 1994 den Erlaß einer einstweiligen Verfügung dahin, daß dem Verfügungsbeklagten untersagt wird, die … Wohnung zu betreten.
Die Verfügungsklägerin trägt vor, im September 1994 sei sie nach einem heftigen Streit aus der Wohnung geflüchtet. Der Verfügungsbeklagte habe ihr gedroht, handgreiflich zu werden, und erklärt, er werde die Tochter aus dem Fenster werfen. Eine Einigung über den Verbleib in der Wohnung habe nicht erzielt werden können.
Der Antrag der Verfügungsklägerin wurde durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Neukölln vom 14. Dezember 1994 zurückgewiesen.
Gegen das am 14. Januar 1995 zugestellte Versäumnisurteil legte die Verfügungsklägerin durch ihre Prozeßbevollmächtigte mit. Schriftsatz vom 23. Dezember 1994, beim Gericht am 24. Dezember 1994 eingegangen, Einspruch ein.
Die Verfügungsklägerin tragt vor, zum letzten tätlichen Angriff des Verfügungsbeklagten sei es im März 1994 gekommen.
Nach dem Auszug – nach einer verbalen Auseinandersetzung – sei es zu verbalen Entgleisungen des Verfügungsbeklagten gekommen, als sie mit ihrem Vater Sachen aus der Wohnung geholt habe.
Der Verfügungsbeklagte habe ihr gegenüber and ihrem Vater gegenüber gedroht, er werde sie, wenn sie Schwierigkeiten bereiten würden, „abstechen wie Schweine” und „die Tochter … aus dem Fenster werfen”.
Diese und ähnliche Bedrohungen habe er dann auch im Freundes- und Verwandtenkreis der Parteien verbreitet. Ein längerer Verbleib in der Wohnung ihrer Eltern bzw. der Schwester Ihres Vaters, bei denen sie nach dem Auszug wohnt, sei ihr nicht zuzumuten, ein gemeinsames Wohnen mit dem Beklagten unter Aufteilung der Wohnung ebenfalls nicht.
Die Verfügungsklägerin beantragt u.a. im Wege der einstwertigen Verfügung zu erkennen, ihr die von den Parteien gemeinsam angemietete Wohnung zur alleinigen Benutzung zu weisen.
Der Verfügungsbeklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 14. Dezember 1994 aufrechtzuerhalten und trägt vor,
er habe die Verfügungsklägerin einmal vor dem 1. März 1994 in der alten Wohnung geschlagen. Es sei in der neuen Wohnung zu Streitereien gekommen. Grund sei ein ihm bekanntgewordenes intimes Verhältnis der Verfügungsklägerin zu einem anderen Mann. Äußerungen wie „abstechen wie Schweine”, habe er nicht gemacht. Er hinge sehr an dem Kind. Er sei bereit nur ein Zimmer in der Wohnung zu nutzen.
Das Gericht hat mit Beschluß vom 6. Februar 1995 Beweis durch Zeugerernehmung angeordnet.
Der zulässige Einspruch ist in der Sache unbegründet
Die Verfügungsklägerin hat keinen Anspruch darauf, daß im Wege der einstweiligen Verfügung ihr die von den Parteien gemeinsam gemietete Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird. Die Verfügungsklägerin kann auch nicht verlangen, daß der Verfügungsbeklagte die Wohnung sofort zu verlassen hat und die Wohnung nur mit Einwilligung der Verfügungsklägerin betreten darf.
Entscheidungsgründe
Obwohl die Voraussetzungen des § 940 a ZPO, wonach eine Räumung bzw. ein Unterlassen des Betretens der Wohnung nur wegen verbotener Eigenmacht angeordnet werden kann, nicht vorliegen, muß in diesem Rechtsstreit geprüft werden, ob eine einstweilige Verfügung auf Untersagung des Betretens der Wohnung in Betracht kommt.
Die notwendigen Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Denn eine einstweilige Verfügung ist nur dann zu erlassen, wenn sich das nach Artikel 2 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht anders schützen läßt, als daß dem Mitmieter das Betreten der Wohnung untersagt wird.
Das Interesse der Verfügungsklägerin in diesem Einzelfall ist nicht derartig gewichtig, daß § 940 a ZPO keine Anwendung findet. Die Verfügungsklägerin kann in diesem Rechtsstreit auf das ordentliche Klageverfahren verwiesen werden. Denn der Schutz der Verfügungsklägerin auf körperliche Integrität und Unversehrtheit ist im ordentlichen Klageverfahren gewährleistet. In Würdigung des Beweisergebnisses geht das Gericht davon aus daß in diesem konkreten Fall im Zeitpunkt der Antragstellung eine Gefahr für Leib und Leben der Verfügungsklägerin nicht vorliegt. Dies leitet sich ab aus der Aussage des Zeugen …, der bestätigt hat, daß Drohungen des Verfügungsbeklagten im September 1994 gegenüber ihm und der Verfügungsklägerin ausgesprochen wurden, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch nicht mehr. Zu Tätlichkeiten von seiten des Verfügungsbeklagten kam es in diesem Zusammenhang nicht. Dabei übersieht das Gericht nicht, daß der Verfügungsbeklagte aus einem anderen Anla...