Tenor

Die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses wird vorläufig für die Dauer von maximal 6 Wochen, also längstens bis zum 11.10.2012 angeordnet.

Die zuständige Behörde darf Gewalt anwenden, falls dies zur Durchführung der Unterbringung erforderlich ist.

Die Anordnung ist sofort wirksam.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

I.

Die Betroffene ist seit dem 03.06.2012 durch Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek zum Aktenzeichen 707 XVII W 1893 gemäß § 1906 BGB bis zum 12.09.2012 zur Heilbehandlung im Krankenhaus in E. untergebracht. Sie verweigert jedoch eine Behandlung, insbesondere nimmt sie verordnete Medikamente nicht ein.

Das Gesundheitsamt des Kreises Pinneberg hat nunmehr beantragt,

die Unterbringung der Betroffenen gemäß §§ 7 und 9 PsychKG SH anzuordnen und vorab gemäß § 331 FamFG durch einstweilige Anordnung zu beschließen. Es hat dazu ein Kurzgutachten der Stationsärztin S. vom 28.08.2012 gemäß § 8 S. 2 PsychKG SH vorgelegt. Ziel der Unterbringung gemäß §§ 7 und 9 PsychKG SH soll sein, eine rechtliche Grundlage für eine Behandlung der Betroffenen gegen ihren Willen zu schaffen.

Das Gericht hat ein mündliches Gutachten der psychiatrieerfahrenen Stationsärztin S. eingeholt und die Betroffene persönlich angehört. Auf das Anhörungsprotokoll vom 29.08.2012 nimmt das Gericht Bezug.

II.

Gemäß § 331 FamFG kann das gemäß § 313 Abs. 3 FamFG zuständige Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringung anordnen, sofern dringende Gründe für das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen bestehen, ein Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, mindestens ein ärztliches Zeugnis über den Zustand der Betroffenen vorliegt und die Betroffene und die Verfahrenspflegerin angehört wurde.

Das Amtsgericht Elmshorn ist gemäß § 313 Abs. 3 FamFG für die Entscheidung über die Unterbringung zuständig, da sich die Betroffene derzeit im Krankenhaus in Elmshorn aufhält.

Es bestehen nach dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten und auch aufgrund der Anhörung der Betroffenen dringende Gründe für die Annahme dass die mit einer Freiheitsentziehung der Betroffenen verbundene Unterbringung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 PsychKG SH anzuordnen ist, weil die Betroffene in Folge einer psychischen Krankheit ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderer erheblich gefährdet und die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann.

1.

Die Betroffene ist psychisch krank. Sie leidet an einer hebephrenen Schizophrenie (ICD 10: F 20.1) und einer polyvalenten Abhängigkeit (ICD 10: F 19.2), wobei sich beide Erkrankungen gegenseitig verstärken. Die Betroffene ist deutlich verflacht im Affekt. Sie hat ausgeprägte Denkstörungen. Ingesamt ist sie in einem völlig desolaten Zustand.

2.

Infolge ihrer Erkrankung besteht bei der Betroffenen eine akute Gesundheitsgefahr. Die Betroffene ist desintegriert und aggressiv gegenüber Mitpatienten. Sie verweigert jegliche Medikation, wodurch sich ihr Zustand extrem verschlechtert hat. Der Leidensdruck bei der Betroffenen ist stark angestiegen. Sie leidet an extremer innerer Anspannung und extremer innerer Not, der sich in aggressiven Verhaltensweisen und auch in einer stark sexualisierten Kommunikation mit Pflegekräften und Mitpatienten entlädt. Es kommt auch zu sexualisierten Bedrohungen anderer. Eine weitere Verschlimmerung der Psychose mit einem noch weiter erhöhten Leidensdruck und weiteren selbstgefährdenden Fehlhandlungen ist zu erwarten.

3.

Die Gefahr kann nicht anders als durch die Unterbringung abgewendet werden. Die bereits erfolgte Unterbringung nach § 1906 BGB steht der nunmehr angeordneten Unterbringung gemäß § 7 PsychKG SH nicht entgegen.

Denn zur Gefahrenabwehr ist es erforderlich, die Betroffene zu behandeln. Die Unterbringung nach § 1906 BGB bietet aber keine Möglichkeit, die nicht behandlungsbereite Betroffene gegen ihren Willen zu behandeln. Durch die Unterbringung nach § 7 PsychKG SH muss eine Rechtsgrundlage für eine Behandlung der Betroffenen gegen ihren Willen geschaffen werden.

(a)

Die Unterbringung nach BGB geht der Unterbringung nach § 7 PsychKG SH nicht vor und schließt diese deshalb nicht aus. Die Unterbringungsvorschriften nach § 1906 BGB und nach § 7 PsychKG SH entstammen vielmehr völlig unterschiedlichen Rechtsbereichen (dem Zivilrecht und dem öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehrrecht) und stehen in keinem juristischen Konkurrenzverhältnis zueinander. Sie sind nach weit überwiegender Meinung gleichrangig (Dodegge/Roth BtR 3. Aufl. 2010, § 1906 Rnr. 69; ähnlich Probst: Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 2. Aufl. 2010 Rnr. 128, für die Rechtslage in NRW auch Prütting MaßregelvollzG und PsychKG NRW, § 11 PsychKG NRW' Rnr. 22; Dodegge/Zimmermann PsychKG NRW 3. Aufl 2011 Teil B § 11 Rnr. 17 und OLG Köln Beschluss v. 10.11.2003 Az.: 16 Wx 204/03). Auch § 7 Abs. 3 PsychKG SH regelt keinen Vorrang der Unterbringung nach BGB, sondern lediglich den Vorrang der gefahrenabwehrrechtlichen Kompetenz des Gesundheits...

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