Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 571,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über Basiszinssatz seit 19.06.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Parteien wie folgt auferlegt:
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Mit ihrer Klage bzw. Widerklage verfolgen Kläger und Beklagter wechselseitig Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Unfallereignis vom 19.06.2018 um 17:40 Uhr auf dem Gehweg der …straße in … Die Widerbeklagte zu 2 wird als gesetzliche Vertreterin des Klägers und Widerbeklagten zu 1. wegen behaupteter Aufsichtspflichtverletzung in Anspruch genommen. Der Beklagte befuhr zum Unfallzeitpunkt mit seinem Fahrrad den rechts der Straße belegenen, durch Zusatzschild auch für Fahrräder frei gegebenen Fußgängerweg. Eine farbliche oder bauliche Abgrenzung zwischen Rad- und Fußweg ist dort nicht vorhanden. Der zum Unfallzeitpunkt neun Jahre alte Kläger verließ zu diesem Zeitpunkt die Musikschule (…) und lief in Begleitung der ihm nachfolgenden Widerbeklagten zu 2.) auf den am Ende des Eingangsbereichs befindlichen Gehweg. Dabei kam es zur Kollision zwischen Kläger und Beklagten. Der Kläger kam zu Fall. Infolge des eingeleiteten Bremsvorgangs überschlug sich das Fahrrad und der Beklagte stürzte nach vorne über den Fahrradlenker. Der Kläger befand sich vom 19. bis 21.06.2018 stationär zur Aufnahme im Helios-Klinikum … Die Befundung ergab ein Schädelhirntrauma 1. Grades sowie Abschürfungen und Hämatombildungen im Gesichts-, Oberkörper und Extremitätenbereich.
Der Kläger behauptet, der Beklagte sei mit unangemessen hoher Geschwindigkeit auf dem gemeinsamen Rad- und Fußweg gefahren, zudem deutlich zu nah an den abgegrenzten Grundstücken. Der Kläger habe zehn Tagen lang Schmerzmittel zu sich nehmen und im Übrigen noch längere Zeit psychisch mit dem Unfallgeschehen kämpfen müssen.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 114,53 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über Basiszinssatz seit 19.06. 2018, zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2. werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an dem Beklagten Schmerzensgeld in Höhe von 400,00 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 567,44 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über Basiszinssatz seit 04.03.2020, zu zahlen.
Der Kläger und die Widerbeklagte 2. beantragen:
Die Widerklage wird abgewiesen.
Der Beklagte behauptet, er habe sich langsam mit angemessener Geschwindigkeit fortbewegt. Der Kläger und Widerbeklagte zu 1. sei hingegen – obwohl bereits hinreichend einsichtsfähig –, ohne jegliche Umsicht walten zu lassen, aus dem Eingangsbereich der Musikschule hinausgerannt, weswegen der Zusammenstoß für ihn, den Beklagten, unvermeidbar gewesen sei. Die Widerbeklagte zu 2. habe ihrer Aufsichtspflicht nicht genügt. Infolge des Sturzes sei das Fahrrad des Beklagten beschädigt worden, wofür die mit der Widerklage geltend gemachten Aufwendungen zur Schadensbeseitigung erforderlich seien. Im Übrigen habe der Beklagte multiple Prellungen und mehrere Schürfwunden erlitten, woraus sich das Schmerzensgeld in geforderter Höhe rechtfertige.
Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen … und …. Die Parteien sind informatorisch zum Unfallgeschehen gehört worden.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Widerklage ist unbegründet und abzuweisen.
Dem Kläger steht Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. Schadenersatz in ausgeurteilter Höhe gemäß §§ 253 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB gegenüber dem Beklagten zu.
Der Beklagte hat den für Radfahrer zugelassenen Fußgängerweg nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) unter Missachtung der gesteigerten Sorgfaltspflichten benutzt und hierbei rechtswidrig und schuldhaft i. S. eines gemäß § 276 Abs. 2 BGB fahrlässigen Verhaltens die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit des Klägers beeinträchtigt.
Grundsätzlich gilt nach wohl allgemeiner Auffassung, dass den Radfahrer bereits bei einem gemeinsamen Fuß- und Radweg (Zeichen 240 Anlg. 2 zu § 41 StVO) höhere Sorgfaltspflichten als den Fußgänger...