Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.09.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger mit Wohnsitz in Großniedesheim begehrt mit seiner der Regulierungsbeauftragten am 02.09.2013 zugestellten Klage die Zahlung restlichen Schmerzensgeldes von dem polnischen Kfz-Haftpflichtversicherer G. aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 03.10.2012 in Nysa in Polen ereignete.

Auf den Hinweis des Amtsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.08.2013 erklärt, dass der polnische Kfz-Haftpflichtversicherer Beklagte sei, die Zustellung lediglich an die Regulierungsbeauftragte erfolgen solle (Blatt 11 der Akten).

Nach polnischem materiellem Recht hat der Geschädigte einen Direktanspruch gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer.

Das Kraftfahrzeug, in dem der Kläger saß, erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden bei einer Schadenshöhe von 8.500,00 EUR, der materielle Sachschaden wurde vorgerichtlich vollumfänglich reguliert, die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit.

Auf das vorgerichtlich bezifferte Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR leistete die Regulierungsbeauftragte lediglich 300,00 EUR und behauptete, dass nach dem maßgeblichen polnischen materiellem Recht kein weitergehender Anspruch bestünde.

Der Kläger ist der Auffassung, dass auch nach dem vorliegend anwendbaren materiellen polnischen Recht aufgrund der Gesamtumstände ein Schmerzensgeld über die außergerichtlich gezahlten 300,00 EUR hinaus in Höhe von weiteren 2.200,00 EUR begründet sei.

Die Zinsen seien seit 01.02.2013 dem Grunde und der Höhe nach begründet.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 31.01.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und rügt die Passivlegitimation der Regulierungsbeauftragten,

es läge eine Klagerücknahme vor, bestritten werde, dass die in dem ärztlichen Attest vom 19.01.2013 beschriebenen Befunde zutreffen.

Die geltend gemachten Zinsen seien unschlüssig, eine ordnungsgemäße Bezifferung der klägerischen Ansprüche gegenüber der Schadensregulierungsbeauftragten sei vorliegend nicht erkennbar.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens vom 17.07.2014 der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. U., wegen deren Ergebnis auf Blatt 95–111 der Akten verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat überwiegend Erfolg.

Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist unter Berücksichtigung der Auffassung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 6.5.2008 – XI ZR 200/05; EuGH Urteil vom 13.12.2006 – C 463/06 – entgegen OLG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2007 – 14 W 31/07; Landgericht Frankenthal (Pfalz) Schlussurteil vom 14.4.2011 – 4 O 155/09) wonach der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat, nach Art. 11 Abs. 2 Verordnung EG Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden EuGVVO) i.V. mit Art. 9 Abs. 1 b EuGVVO vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben kann, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates hat (hiergegen mit gewichtigen Argumenten OLG Karlsruhe und die überwiegenden Meinungen der deutschen Rechtsliteratur, a.a.O.), international sowie örtlich und sachlich zuständig. Soweit nach Art. 3 des Haager Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anwendbare Recht (HStVÜBK) – das nach Art. 28 Abs. 1 Rom II VO für Polen vorrangig ist und nicht unter Art. Abs. 2 Rom II VO fällt (Junker Münchener Kommentar zum BGB 5. Auflage 2010 Rn. 11 Art. 28 VO (EG) 864/2007) – das materielle Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat, anzuwenden wäre, vorliegend somit das materielle Recht Polens, so ist dieses Übereinkommen zwar von Polen, nicht hingegen von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet worden (vgl. a.a.O. Rn. 17–20 zum Problem eines „forum shoppings”).

Da jedoch sowohl Polen, als auch die Bundesrepublik Deutschland Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind und Rom II VO anwendbar ist, ist nach Rom II VO Art. 4 (IPR) das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Dies ist vorlieg...

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