Tenor
Die am 23.05.2005 eingegangene Anmeldung vom 29.10.2004 zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister wird auf Kosten der Gesellschaft zurückgewiesen.
Gründe
Die Anmeldung war zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nicht vorlagen.
Hinsichtlich der Kapitalaufbringung fehlt eine Nachversicherung, die erforderlich war, weil die Versicherung aus der Anmeldung vom 29.10.2004 im Zeitpunkt der Einreichung am 23.05.2005 bereits mehr als 3 Monate alt war. Die neuere Bankbescheinigung macht dies nicht überflüssig, weil die Bank nicht die gleichen Kenntnisse wie die Anmelder über die freie Verfügbarkeit des Betrags hat.
Gemäß Art. 46 I der EU-Verordnung über das Statut der SE (im Folgenden „SE-Verordnung” genannt) iVm § 28 I SEEG werden die Mitglieder der Organe der Gesellschaft für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum, der 6 Jahre nicht überschreiten darf, bestellt. § 6 der Satzung bestimmt jedoch, dass die Verwaltungsratsmitglieder für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung berufen werden, die über ihre Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Dies ist angelehnt an § 102 AktG, der hier aber nicht gilt. Der von der Satzung genannte Zeitraum ist nicht „festgelegt” iSd SEEG, sondern unbestimmt und variabel, je nachdem, wann über die Entlastung beschlossen wird (vgl. zum fortgesetzten Unterlassen eines Entlastungsbeschlusses in der Aktiengesellschaft: Hüffer, 5. Aufl., § 102 AktG, Rn. 3).
Eine vollständige Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (also auch von dessen 1. Alternative) – wie sie hier § 6 III der Satzung und der Bestellungsbeschluss für den geschäftsführenden Direktor vornehmen – ist (wie auch im Aktienrecht, vgl. § 112 AktG) nicht möglich. Den geschäftsführenden Direktoren gegenüber wird die Gesellschaft gemäß § 41 V SEEG vom Verwaltungsrat vertreten, so dass insoweit kein In-Sich-Geschäft möglich ist und die Befreiung hätte begrenzt werden müssen auf die 2. Alternative des § 181 BGB.
Die vorstehenden Beanstandungen erfordern keine Fristsetzung zu deren Beseitigung, weil die Anmeldung aus folgendem Grunde ohnehin zurückzuweisen war. Es fehlt die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer nach Art. 12 II der SE-Verordnung. Aufgrund bewusst vom Gericht abweichender Rechtsansicht ist die Gesellschaft nicht bereit, eine solche Beteiligung durchzuführen, so dass diesbezüglich eine Fristsetzung zur Beibringung der Vereinbarung nicht erforderlich ist.
Die Gesellschaft hat erklärt, dass sie weder Arbeitnehmer hat noch haben wird und dass ihre Gründer zwar Arbeitnehmer, aber keine Mitbestimmung haben. Die Gesellschaft ist der Ansicht, dass deshalb die Einrichtung von Mitbestimmung (Betriebsrat oder Arbeitnehmervertreter) bei ihr von vornherein ausgeschlossen ist.
Der Wortlaut des Art. 12 II der SE-Verordnung ist jedoch eindeutig und verlangt ohne Ausnahme eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung oder den Ablauf der Frist zur Verhandlung über eine solche Vereinbarung. Diese Frist hat hier noch nicht zu laufen begonnen, weil sie gemäß Art. 5 der Beteiligungs-Richtlinie (2001/86/EG vom 08.10.2001) erst mit der – hier bislang nicht erfolgten – Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums beginnt.
Ein Partner für solche Verhandlungen ist hier vorhanden, denn die Gründer haben Arbeitnehmer.
Diese sind gemäß Art. 3 II Buchst. b, 3. Abs. der Beteiligungs-Richtlinie berechtigt, selbst Mitglieder für das besondere Verhandlungsgremium zu wählen oder zu bestellen, und zwar ausdrücklich auch wenn im Gründerunternehmen unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer keine Arbeitnehmervertreter vorhanden sind, unbeschadet der einzelstaatlichen Schwellen für die Einrichtung eines Vertretungsorgans Es ist nicht zulässig, von solchen möglichen Verhandlungen bzw. vom Ablauf der Verhandlungsfrist nur deshalb abzusehen, weil die Gesellschaft erklärt hat, sie werde keine Arbeitnehmer haben. Zum derzeitigen Zeitpunkt handelt es sich dabei lediglich um eine prognostische Absichtserklärung. Für die Frage, in welchem Umfange (also auch: ob) Mitbestimmung bei der SE einzuführen ist, ist der maßgebliche Zeitpunkt derjenige des Scheiterns der Verhandlung bzw. des Fristablaufs, denn § 23 I 4 SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) besagt ausdrücklich, dass erst die dann bestehende Arbeitnehmerzahl der SE maßgeblich für die Zusammensetzung des SE-Betriebsrats ist.
Selbst wenn man dabei entgegen Grobys (NZA 2005, 84) nicht auf die Arbeitnehmerzahl der Gründungsgesellschaften abstellt, kann die neu gegründete Gesellschaft vor ihrer Eintragung ins Handelsregister jedenfalls auch selbst Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Verhandlungsscheiterns/ Fristablaufs haben, denn sie kann bereits als Vorgesellschaft Arbeitsverträge abschließen.
Außerdem können die am Verhandlungsverfahren zu beteiligenden Arbeitnehmer betriebliches Sonderwissen über die Zukunft der Gesellschaft haben, das zu Verhandlungsergebnissen führt, die das Gericht n...