Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, dass aus seiner Wohnung Nr. 27, 3. Stock der Lange Reihe 102, 20099 Hamburg, Geräusche in die Wohnungen Nr. 14 und 15 der Klägerin (ebenda), eindringen, soweit hierdurch Zimmerlautstärke überschritten wird.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Pflicht des Beklagten, Lärmbeeinträchtigungen zu unterlassen.
Die Klägerin und der Beklagte sind Mitglieder der …. Die Wohnungen der Klägerin (Nr. 14 und 15) und die Wohnung des Beklagten (Nr. 27) sind vermietet. Das Gebäude wurden in den Jahren 1973/174 errichtet; die Teilungserklärung stammt aus 1974.
Die Klägerin behauptet, dass aus der Wohnung des Beklagten eine erhebliche Geräuschkulisse in Form von Gepolter, lauten Unterhaltungen, Getrampel, Möbelrücken, lauter Musik und sonstigen Unterhaltungsgeräuschen dringe. Entsprechendes ergebe sich aus den Lärmprotokollen für die Zeiträume von Juli 2017 bis Juli 2018 (Anlage SK2), Oktober 2018 bis November 2018 (Anlage SK3), von Februar 2019 bis März 2019 (Anlage SK4). (Lärm-)Messungen ihrer Mieterin, der Zeugin …, im März 2019 hätten Werte von 54,5 db(A) bis zu 67,6 db(A) ergeben; die Zimmerlautstärke sei damit erheblich überschritten worden. Versuche, den Beklagten zu einer Reduzierung der Geräusche zu veranlassen, seinen ohne Erfolg geblieben. Zeitweilig werde es in der Wohnung des Beklagten ruhiger, was offenbar mit dem Wechsel seiner Mieter zusammenhänge.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, dass aus seiner Wohnung Nr. 27, 3. Stock der Lange Reihe 102, 20099 Hamburg, Geräusche in die Wohnungen Nr. 14 und 15 der Klägerin (ebenda), eindringen, soweit hierdurch Zimmerlautstärke überschritten wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, dass die Geräusche, die aus seiner Wohnung dringen, üblich und normal seien. Infolge der baulichen Gegebenheiten lasse sich auch bei sozialverträglicher und üblicher Nutzung nicht verhindern, dass entsprechende Geräusche in die Nebenwohnungen (auch der Klägerin) dringen würden. Abgesehen davon verlange die Klägerin von ihm eine höchstpersönliche Unterlassung, die er nicht erbringen könne, weil er die Wohnung nicht selbst bewohne.
Nachdem die Mieterin der Klägerin ausgezogen sei und seine Wohnung seit etwa Anfang 2021 neu vermietet worden sei, habe es bis August 2022 (also innerhalb von zwei Jahren) keine Beschwerden mehr gegeben. Der Klägerin fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage.
Dem hält die Klägerin entgegen, dass es auch nach dem Einzug des neuen Mieters des Beklagten weiterhin sehr laut sei; eine maßgebliche Verbesserung des Lärms sei nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 06.11.2020. Das Gericht hat weiter gemäß Beschluss vom 17.11.2020 Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 15.07.2022.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Der Klägerin fehlt entgegen der Meinung des Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf Unterlassung von behaupteten Lärmbeeinträchtigungen gerichtete Klage. Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist; erfüllt der Schuldner einen Anspruch nicht freiwillig, ist der Gläubiger auf eine gerichtliche Entscheidung angewiesen, um den Anspruch notfalls im Weg der Zwangsvollstreckung durchsetzen zu können, weswegen nur ausnahmsweise besondere Umstände das Verlangen eines Klägers, in die materiell-rechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 660, 661, Rn. 17). Selbst wenn also, wie der Beklagte geltend macht, ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aufgrund eines abweichenden Nutzungsverhaltens seines Mieters über einen längeren Zeitraum weggefallen sein könnte, beseitigt dieser Umstand nicht das in prozessualer Hinsicht erforderliche Interesse und Bedürfnis der Klägerin, eine Entscheidung über den Anspruch herbeizuführen.
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach den §§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch...