Nachgehend
Tenor
Das Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz wird ausgesetzt und gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Nr. 1202 der Anlage I zum Gerichtskostengesetz insofern mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als darin Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO unabhängig vom weiteren gerichtlichen Aufwand nicht zu einer Ermäßigung der Gerichtsgebühren von 3,0 auf 1,0 führen sollen.
Gründe
Der Beklagte hat gegen einen Mahnbescheid wegen einer Kaufpreisrestforderung von 90,05 DM und Nebenforderungen Widerspruch eingelegt mit der Begründung, es seien 60,– DM vereinbart worden und diese seien auch bezahlt.
Nach Zustellung der Anspruchsbegründung am 28.01.98 hat der Beklagte am 05.02.98 Haupt- und Nebenforderungen mit DM 111,75 DM bezahlt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.02. die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Mit der Mitteilung dieses Antrages an den Beklagten hat der Richter darauf hingewiesen, daß bei Klagerücknahme gemäß Kostenverzeichnis Nr. 1202 a noch eine Ermäßigung der Gerichtskosten um 100,– DM zu erreichen ist, daß aber eine Klagerücknahme der Klägerin nur anzusinnen ist, wenn der Beklagte freiwillig die bisher entstandenen Kosten übernimmt. Nachdem der Beklagte sich innerhalb der gesetzten Frist von zirka zwei Wochen und auch danach nicht äußerte, wurden ihm durch Beschluß vom 12.03.98 gemäß § 91 a ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Im Kostenansatz vom 03.04.98 hat die Kostenbeamtin drei Gerichtsgebühren von zusammen 150,– DM angesetzt und die Klägervertr. haben mit dem Kostenfestsetzungsantrag auch die Gerichtsgebühr in Höhe von 150,– DM mitberechnet.
Mit Schreiben vom 14.04.98 hat der Beklagte gebeten, die Kosten des Rechtsstreits herunterzusetzen.
Der Richter hat auf verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich Nr. 1202 Kostenverzeichnis hingewiesen und dem Beklagten und dem Bezirksrevisor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Bezirksrevisor hat erklärt, daß eine Kostenermäßigung nach Nr. 1202 des Kostenverzeichnisses nicht eingreifen könne, da ein Beschluß gemäß § 91 a ZPO ergangen ist. Daß es zu diesem Beschluß gekommen sei, habe sich der Beklagte selbst zurechnen zu lassen, da er ja auch Vollstreckungsbescheid gegen sich hätte ergehen lassen können oder auf die Mahnungen der Gläubigerin rechtzeitig hätte zahlen können.
Das Schreiben des Beklagten vom 14.04.98 ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 Gerichtskostengesetz aufzufassen und als solche statthaft und zulässig. Der Richter möchte der Erinnerung stattgeben und den Kostenansatz auf eine Gebühr zu 50,– DM abändern, sieht sich daran aber durch die ausdrückliche Regelung in Nr. 1202 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz gehindert, wo es heißt, daß Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO der Zurücknahme nicht gleichstehen, sodaß nach der gesetzlichen Regelung eine Ermäßigung des Kostenansatzes auf 1,0 ausscheidet. In der Begründung (vgl. Bundestagsdrucksache 12/6962 Seite 70 zum Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 vom 24.06.94) heißt es dazu:
Entscheidungen nach § 91 a ZPO sollen nicht mehr gebührenmäßig begünstigt werden, weil sie erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand auslösen. Sie erfordern eine weitgehende Auseinandersetzung mit dem Streitstoff, insbesondere mit den Erfolgsaussichten der Prozeßparteien. Die Nichtbegünstigung dieser Entscheidungen könnte die Parteien überdies dazu veranlassen, die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.
Aufgrund dieser Begründung ist davon auszugehen, daß die Regelung für alle Entscheidungen nach § 91 a ZPO gelten soll und nicht etwa nur für solche, die problembehaftet sind. Wie das Landgericht Tübingen im Beschluß vom 21.03.96 7 O 417/95 Jur. Büro 97, 650, beim Bundesverfassungsgericht vorliegend unter 1 BvL 7/96, richtig ausführt, sollte dadurch, daß die Kosten für den Erlaß eines Versäumnisurteils und für den Erlaß eines Beschlusses nach § 91 a ZPO nicht mehr reduziert sein sollten, auch eine Steigerung der Einnahmen erzielt werden, wobei 10 % auf die Gebührenerhöhung und 15 % auf die strukturellen Veränderungen entfallen sollten. Die in der zitierten Gesetzesbegründung enthaltene Annahme, daß die Entscheidungen nach § 91 a ZPO in der Regel erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand auslösen, sind nicht durch rechtstatsächliche Untersuchungen gestützt. Denn die Arbeitsgruppe hat davon abgesehen, Anhörungen der Praxis vorzunehmen oder repräsentative Erhebungen aus Prozeßakten durchzuführen. Sie hatte auch sonst keine empirischen Untersuchungen zur Hand (vgl. Blatt 7, 11 und 26 des Berichts; zitiert nach Landgericht Tübingen, Jur. Büro 97, 650 (652)). Nach den Beobachtungen des Richters, der seit Dezember 78 ein Zivilreferat beim Amtsgericht zu bearbeiten hat, sind Problemfälle im Rahmen des § 91 a ZPO nicht die Regel,...