Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr 1,2-facher Satz
Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren gemäß § 495 a BGB steht dem Prozeßbevollmächtigten gemäß
Nr. 3104 VV-RVG der 1,2-fache Satz zu, unabhängig davon, ob eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und/oder der Beklagte Einwendungen erhoben hat, mit denen sich das Urteil auseinandergesetzt hat.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3105; ZPO § 104 Abs. 3 S. 1; RVG-VV Nr. 3104
Tenor
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers vom 20.01.2005 wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Kleve vom 30.12.2005 sind von der Beklagten an die Klägerin an Kosten 170,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2006 zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin hat nach vorangegangenem Mahnverfahren den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 234,32 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Zugleich hat sie beantragt, Versäumnisurteil zu erlassen, falls die Beklagte im schriftlichen Vorverfahren nicht rechtzeitig die Verteidigungsanzeige abgibt.
Das Gericht hat die Verfahrensweise gemäß § 495a ZPO gewählt und das schriftliche Verfahren angeordnet.
Die Beklagte hat sich zur Klage nicht geäußert.
Unter dem 30.12.2005 erging ein mit Gründen versehenes Urteil, durch das die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt wurde.
Die Klägerin hat unter dem 09.01.2006 Kostenfestsetzungsantrag gestellt und hinsichtlich der Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV-RVG den 1,2-fachen Satz mit 30,00 € in Ansatz gebracht.
Nach einem ausführlichen Hinweis des Rechtspflegers, dass nur der 0,5-fache Satz gemäß Nr. 3105 VV-RVG gerechtfertigt sei und die Klägerin ihren Antrag nicht entsprechend modifiziert hat, hat der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.01.2006 der Klägerin 154,00 € zuzüglich Zinsen zugesprochen, wobei er lediglich von dem 0,5-fachen Satz gemäß Nr. 3105 VV-RVG in Höhe von 12,50 € anstelle insoweit beantragter 30,00 € ausgegangen ist.
Gegen diesen am 01.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 08.02.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Reduzierung der Terminsgebühr vom 1,2-fachen Satz auf den 0,5-fachen Satz. Außerdem erhöht sie (zutreffenderweise) die Pauschale gem. Nr. 7002 VV-RVG von ursprünglich 1,50 € um 6,00 €.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 und Abs. 2 RPflG zulässige Erinnerung ist begründet.
Der Klägerin steht - wie beantragt - die Terminsgebühr nicht nur in Höhe von 12,50 €, sondern in Höhe weiterer 17,50 € gem. Nr. 3104 VV-RVG zu.
Die im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich zugestandene Terminsgebühr von 0,5 gemäß Nr. 3105 VV-RVG wird der Sach- und Rechtslage nicht gerecht.
Nach Nr. 3104 VV-RVG Anm. Abs. 1 Nr. 1 beträgt die Terminsgebühr das 1,2-fache in Verfahren, für die die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder in denen gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
So liegt der Fall hier. Das Gericht hat gemäß Verfügung vom 14.11.2005 das schriftliche Verfahren gemäß § 495a ZPO unbeanstandet angeordnet.
Die vorerwähnte gesetzliche Vorschrift ist eindeutig und trifft auf alle Verfahrensweisen gemäß § 495a ZPO zu.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht keineswegs gehalten ist, bei Verfahren mit einem Streitwert bis zu 600,00 € § 495 a ZPO anzuwenden. Wenngleich die Zivilrichter des Amtsgerichts Kleve in der Regel entsprechend verfahren, ist es durchaus ohne Weiteres zulässig, gemäß § 275 ZPO frühen ersten Termin zu bestimmen oder gem. § 276 ZPO das schriftliche Vorverfahren zu wählen. Für keine dieser beiden Verfahrensarten hat sich das Gericht jedoch hier entschieden.
Eine Terminsgebühr lediglich mit dem 0,5-fachen Satz ist vorliegend nicht gerechtfertigt, weil die im vorliegenden Fall zur Begründung angeführte Regelung in Nr. 3105 VV-RVG nicht einschlägig ist.
Die Anwendung von Nr. 3105 VV-RVG setzt zunächst die "Wahrnehmung eines Termins [voraus], in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleistung gestellt wird". In diesem Fall reduziert sich nach den Gesetzeswortlaut die Gebühr auf das 0,5-fache. Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen hier jedoch deshalb nicht vor, weil ein (Verhandlungs-)termin weder angeordnet noch gar durchgeführt worden ist. Demzufolge ist Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3105 VV-RVG nicht einschlägig, wonach die 0,5-fache Gebühr auch dann entsteht, wenn das Gericht bei Säumnis lediglich Entscheidungen zur Prozess- oder Sachleitung von Amts wegen trifft oder - nach Nr. 2 - eine Entscheidung gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergeht.
Etwas anderes folgt aber auch nicht aus dem im Kostenfestsetzungsbeschluss in Anspruch genommenen Absatz 2 der vorerwähnten Anmerkung, wonach "Absatz 1 der Anm. zu Nr. 3104 entsprechend gilt". Diese Formulierung ist sprachlich und inhaltlich unverständlich und rechtfertigt in...