Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Es geht darum, ob die verklagten Wohnungseigentümer ihren Hund aus der Wohnung entfernen müssen.

Die Beklagten sind u.a. je hälftige Miteigentümer der Wohnung Nr. 2 der WEG. Diese liegt im zweiten OG und im Dachgeschoss des Gebäudes Nr. 1. Sie zogen Mitte 2019 von Berlin nach Konstanz. Ihre minderjährige Tochter wechselte im Herbst 2020 auf die weiterführende Schule und war von den Corona-Lockdowns betroffen.

Die Beklagten werden nun von der WEG verklagt.

Der Verwalter der WEG ist zugleich Alleineigentümer und Geschäftsführer der GmbH, die die absolute Stimmenmehrheit hat. Dies beruht darauf, dass es neben den insgesamt acht Wohnungen ein so genanntes Boardinghouse gibt, welches der GmbH gehört, die die Teilungserklärung als damalige Alleineigentümerin im Grundbuch eintragen ließ. Deren Miteigentumsanteile liegen bei fast 70 %, wobei sich das Stimmrecht gem. § 14 Z. 4 der Gemeinschaftsordnung der Teilungserklärung von 2008 nach den Miteigentumsanteilen richtet (AS 37).

In § 6 Z. 5 der Gemeinschaftsordnung heißt es wörtlich (AS 32):

„Haustierhaltung ist – soweit gesetzlich zulässig – ausgeschlossen.”

Den Gästen des Boardinghouse ist es verboten, Hunde und andere Haustiere mitzubringen.

Die Beklagten erwarben im Frühjahr 2021 als Welpe eine Flat Coated Retriever-Hündin (Kaufvertrag AS 41, der jedoch nur den Beklagten Z. 2 als Käufer nennt). Diese wird nun von den Beklagten und ihrer zehnjährigen Tochter in der Eigentumswohnung gehalten.

Bei der Eigentümerversammlung vom 30.04.2021 wurde unter TOP 6 die Ermächtigung der Verwaltung zum außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen gegen die Hundehaltung beschlossen (AS 10).

Mit Schreiben vom 16.06.2021 (AS 44) wurden die Beklagten unter Fristsetzung bis zum 17.07.2021 vergeblich aufgefordert, den Hund aus der Wohnanlage zu entfernen.

Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Konstanz vom 28.10.2021 wurde die Anfechtungsklage der Beklagten zurückgewiesen (Az 4 C 226/21 WEG). Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss nur auf die Wirksamkeit der Ermächtigung zu prüfen sei und diese bejaht, da eine Geltendmachung eines Anspruchs nicht offensichtlich aussichtslos sei.

Die Klägerin behauptet, dass mit dem Hund nicht nur der Nebeneingang benutzt werde. Der Hund verursache Lärm durch Bellen, Dreck und führe zu Geruchsbelästigungen, insbesondere wenn das Tier nass sei. Auch seien die allergenen Hundehaare nicht hinzunehmen. Es hätten sich schon Hotelgäste beschwert.

Die Klägerin bestreitet, dass die Tochter der Beklagten den Hund aus gesundheitlichen Gründen benötige und dessen Wegnahme das Kind mehr als andere Kinder beeinträchtige.

Die Klägerin ist der Meinung, dass die herrschende Meinung ein Tierhaltungsverbot in der Teilungserklärung für zulässig erachte und stellt auch auf eine BGH-Entscheidung vom 04.05.1995 zum Aktenzeichen V ZB 5/95 ab. Auch sei hier AGB-Recht nicht anwendbar.

Die Klägerin beantragt:

  1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die schwarze Flat Coated Retriever-Hündin mit der Kennzeichnung GELB, Chipnummer …, aus der im 2. OG und DG des Gebäudes 1 der Wohnungseigentumsanlage … gelegenen Wohnung, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet, zu entfernen.
  2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Haltung und/oder Unterbringung der schwarzen Flat Coated Retriever-Hündin mit der Kennzeichnung GELB, Chipnummer …, in der im 2. OG und DG des Gebäudes 1 der Wohnungseigentumsanlage, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet, zu unterlassen.

Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, dass ihre Tochter durch den Umzug und die zwei Schulwechsel sowie die Corona-Isolation einen Leidensdruck mit Angst und Depressionen sowie Symptome einer Computerspielsucht entwickelt habe. Der Hund sei daher nicht nur von einer Fachärztin für Psychotherapie als Therapiehund empfohlen worden. Er habe auch tatsächlich dazu geführt, dass es der Tochter nun wieder viel besser gehe. Würde ihr das Tier weggenommen, sei ein gravierender Rückschritt der psychischen Gesundheit des Kindes die Folge. Auch wird konkret beschrieben, wie vorsichtig man mit dem Tier umgehe, damit die Gemeinschaftsflächen der WEG nicht in Mitleidenschaft gezogen würden. Eine konkrete Belästigung ginge von dem Tier nicht aus.

Die Beklagten sind der Meinung, dass das Tierhalteverbot in der Gemeinschaftsordnung gegen Treu und Glauben verstoße, auf jeden Fall hier dessen konkrete Durchsetzung. In einer BGH-Entscheidung sei zum Mietrecht ausgeführt worden, dass eine entsprechende Klausel gegen das AGB-Recht verstoße. Auch wird die Majorisierung des Mehrheitseigentümers, der gle...

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