Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf Zeugen. Reparaturfreigabe durch Versicherungsmitarbeiter
Leitsatz (amtlich)
Wendet eine Partei gegen das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens nicht ein, ein von ihr vorher benannter Zeuge könne das Ergebnis des Gutachtens widerlegen, verzichtet sie damit konkludent auf den Zeugen (§ 399 ZPO).
Gibt ein Mitarbeiter einer Versicherung eine Reparaturfreigabe, so ist Grundlage dieser Freigabe nur der dem Mitarbeiter mitgeteilte Sachverhalt. Kann dieser im Ergebnis nicht bewiesen werden, können aus der Reparaturfreigabe keine Ansprüche abgeleitet werden.
Normenkette
ZPO § 399; AKB 2008 Buchst. A. 2.2.7
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Fahrzeugs Renault Twingo mit dem amtlichen Kennzeichen pp., welches zumindest im August 2009 bei der Beklagten mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 EUR vollkaskoversichert war einschließlich einer Teilkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung. Umfasst waren von der Versicherung auch Schäden bis 2.000,00 EUR aufgrund Tierbisses. Der Umfang der Versicherung ergibt sich aus dem Versicherungsschein (Bl. 92 ff. d.A.). Grundlage des Vertrages waren die AKB 2008.
Im August 2009 stellte der Kläger fest, dass der Motor seines Wagens nicht "rund lief". Der Wagen wurde sodann in die Werkstatt des Renault-Vertragshändlers Autohaus pp. gebracht. Die Schadensursache war zu diesem Zeitpunkt weder dem Kläger noch dem Vertragshändler bekannt. Ein Mitarbeiter des Autohauses pp. teilte dem Kläger mit, die Zylinderkopfdichtung sei wegen eines Marderbisses beschädigt. Der Kläger unterrichtete nach Schadensfeststellung seinen Versicherungsvertreter von dem Sachverhalt. Dieser wiederum rief bei der Beklagten an und schilderte Sachverhalt, Schadensursache und Schadensumfang. Die Mitarbeiterin der Beklagten erteilte die Zustimmung zur Fortsetzung der Reparatur. Für die Arbeiten berechnete das Autohaus pp. 1.100,01 EUR. Der Kläger unterschrieb eine Abtretungserklärung. Da die Firma pp. dem Kläger mitteilte, dass die Rechnung noch nicht bezahlt sei, beglich der Kläger die Rechnung am 21.12.2009. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11.12.2009 (Bl. 16 d.A.) mit, es würden nur 63,50 EUR für Kabel und Lohnkosten übernommen, da im Übrigen der Schaden an der Zylinderkopfdichtung nicht mit den beschädigten Zündkabeln im Zusammenhang stünden. Die 63,50 EUR zahlte die Beklagte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2010 forderte der Kläger von der Beklagten erfolglos weitere 1.036,51 EUR. Die Zahlung dieses Betrages verfolgt der Kläger mit der Klage weiter.
Der Kläger behauptet, dass aufgrund eines Marderbisses an seinem Fahrzeug ein Zylinderkopfdichtungsschaden entstanden sei. Durch das zerbissene Zündkabel seien Fehlzündungen entstanden, die zur Folge gehabt hätten, dass der Zylinderkopf überhitzte und Dichtungen durchbrannten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.036,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.02.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 155,30 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Ursache des Schadens aufgrund des Beweisbeschlusses vom 26.08.2010 (Bl. 33 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen pp. vom 11.10.2010 (Bl. 102 ff. d.A.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Lemgo ist gem. § 215 VVG örtlich zuständig. Der Kläger wohnt im Bezirk des Amtsgerichts Lemgo, nämlich in Bad Salzuflen.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung weiterer - über die bereits gezahlten 63,50 EUR hinausgehende - 1.036,51 EUR aus dem zwischen den Parteien im August 2009 bestehenden Versicherungsvertrag i.V.m. Nr. A.2.2.7 AKB 2008. Eine Ersatzpflicht der Beklagten nach dieser Regelung setzt einen unmittelbar auf Tierbiss zurückzuführenden Schaden oder eine Folgeschaden dieses Tierbisses voraus. Ein unmittelbar auf Tierbiss beruhender Schaden an der Zylinderkopfdichtung liegt selbst nach dem Klägervortrag nicht vor. Nach seinem Vortrag ist der Schaden vielmehr wegen der zerbissenen Kabel durch Fehlzündungen entstanden. Der Kläger konnte aber auch keinen entsprechenden Folgeschaden eines Marderbisses beweisen. Der Sachverständige hat nachvollziehbar erläutert, dass Folge von Fehlzündungen ...