Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. baulicher Veränderung und gemeinschaftswidriger Nutzung
Tenor
1) Die Antragsgegnerinnen sind samtverbindlich schuldig, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses den in ihren Balkonraum im zweiten Stock des Anwesens an der … in München hineinragenden Rohrstutzen für den Abzug ihrer Gasetagenheizung zu beseitigen und an der Außenmauer des Gebäudes im Bereich dieses Rohraustritts den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
2) Die Antragsgegnerinnen tragen samtverbindlich die Gerichtskosten, ihre eigenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen und diejenigen der Antragstellerin.
3) Der Geschäftswert wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerinnen sind je zur Hälfte Miteigentümer einer mit der Nummer 35 bezeichneten Wohnung im zweiten Stock der Anwesen an der … und … in München und gehören als solche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in diesen Anwesen an, die von der AWV verwaltet werden. Letztere ist aufgrund eines entsprechenden Versammlungsbeschlusses vom 12.3.1985 ermächtigt worden, von einzelnen Eigentümern vorgenommene bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum abzumahnen und gegebenenfalls mit Zustimmung der Mehrheit des Verwaltungsbeirats im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen.
Die genannte Wohnung Nummer 35 war zunächst mit einer Ofenheizung ausgestattet und wurde durch die Antragsgegnerinnen mit einer Gasetagenheizung versehen, an die eine zentrale Warmwasserversorgung angeschlossen ist und deren Abluft über ein Rohr ins Freie geleitet wird. Dieses Rohr durchbohrt die Außenwand der straßenseitigen Fassade im oberen Bereich des Balkons und schließt mit der vorspringenden Brüstung des darüber liegenden Balkons ab, ragt also etwa 40 Zentimeter über die allgemeine Hausfassade hinaus. Eine Genehmigung der Gemeinschaft liegt für diese Umbaumaßnahme nicht vor. Was bauliche Veränderungen und die Balkonbenutzung betrifft, so enthält die für diese Wohnanlage maßgebende Teilungserklärung vom 11. November 1982 keine besonderen Regelungen.
Die Antragstellerin geht nun davon aus, die durch diesen Stutzen ins Freie geleiteten Heizungsabgase stellten eine gesundheitliche Gefährdung und eine Geruchsbelästigung der Benutzer der darüber liegenden Balkone dar und führten darüber hinaus zum Austritt brauner Dampfschwaden, deren Feuchtigkeit im Winter oder sonst bei kalter Witterung an der Unterseite der darüber liegenden Balkone kondensiere und gefriere, was wiederum die Gefahr von Substanzschäden an der Fassade mit sich bringe. Unabhängig davon werde die Fassade optisch durch den Rohrstutzen verunstaltet, was die Gemeinschaft nicht hinzunehmen brauche, zumal ohne weiteres die Möglichkeit bestehe, eine solche Gasetagenheizung an einen Innenkamin anzuschließen.
Nachdem Bemühungen, die Antragsgegnerinnen zur Beseitigung dieses Rohres zu bewegen, ohne Erfolg geblieben waren, hat die Antragstellerin schließlich unter dem 10.6.1985 in der Fassung vom 20.6.1985beantragt,
die Antragsgegnerinnen samtverbindlich zu verurteilen, dieses Abgasrohr zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen,
während die Antragsgegnerinnenbeantragen,
diesen Antrag zurückzuweisen,
weil das Rohr nur einen Durchmesser von 5 Zentimeter habe, sich unauffällig in die Außenfassade einfüge und von der Straße kaum wahrnehmbar sei. Ferner verursache das Rohr keine Geruchsbelästigungen, und von Dampfschwaden, Niederschlagsfeuchtigkeit und Eisbildung könne nach Verlängerung des Rohres über die Außenfassade hinaus ebenfalls nicht mehr die Rede sein. Letztlich führten auch eine Reihe anderer Eigentümer die Abgase aus ihren Gasheizungen über ihre Loggia durch viel kürzere, dafür aber breitere Rohre ins Freie, so daß es treuwidrig erscheine, jetzt nur die Antragsgegnerinnen auf Beseitigung in Anspruch zu nehmen.
Auf die genannte Teilungserklärung, auf die vorgelegten Korrespondenzen, auf die zu den Akten eingereichten Lichtbilder sowie auf die gewechselten Schriftsätze darf ergänzend Bezug genommen werden.
II.
Der Antrag ist zutreffenderweise im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend gemacht worden. Es geht um Meinungsverschiedenheiten zwischen einer ganzen Gemeinschaft und einzelnen Miteigentümern über die Rechte und Pflichten der letzteren bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Die Verwalterin ist ferner hier ordnungsgemäß ermächtigt, solche Beseitigungsansprüche der Gemeinschaft auch im eigenen Namen notfalls gerichtlich geltend zu machen. Darüber hinaus sind Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags weder vorgebracht noch ersichtlich.
Sachlich war dem Antrag stattzugeben. Die Zuleitung der Abgase aus einer Heizung über einen Balkon ins Freie stellt nicht nur eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums, sondern auch eine gemeinschaftswidrige Nutzung des Sondereigentums dar.
a) Was zunächst die bauliche Veränderung betrifft, so verunstaltet das eingesetzte Rohr die straßenseitige Fassade. Wenn im obere...