Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Nichtigkeit eines Versammlungsbeschlusses
Tenor
I. Der Antrag wird abgewiesen.
II. Der Antragsteller übernimmt die Gerichtskosten, seine eigenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen und diejenigen der Antragsgegner.
III. Der Geschäftswert wird auf 10.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer zweier mit den Nummern 9 und 11 bezeichneter Wohnungen in dem eingangs genannten Anwesen in München und gehört so der sich im übrigen aus den Antragsgegnern zusammensetzenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in diesem Anwesen an, das von der Firma … verwaltet wird. In der Eigentümerversammlung vom 27.03.1996 war mehrheitlich beschlossen worden, das Anwesen an die Regelleistung des Breitbandkabels der Telekom anzuschließen und mit einer bestimmten Firma einen Betreibervertrag abzuschließen. Mit Schriftsatz vom 03.09.1996 focht der Antragsteller diesen Beschluß an, weil Einstimmigkeit erforderlich gewesen wäre und er diese Regelleistung nicht benötige. Nachdem Gründe weder für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anfechtungsfrist noch einer etwaigen Nichtigkeit des beanstandeten Beschlusses ersichtlich waren, kam im Vorverfahren UR II 855/96 WEG am 24.01.1997 ein Vergleich dahin zustande, daß das streitige Thema in einer nächsten Eigentümerversammlung erneut behandelt wird mit dem Ziel, den Antragsteller sowohl aus dieser Regelleistung als auch aus der diesbezüglichen anteiligen Kostentragungspflicht herauszunehmen. Gegen diese Zusage der Verwalterin nahm der Antragsteller damals seinen Anfechtungsantrag zurück und übernahm sämtliche Verfahrenskosten.
Am 29.04.1997 fand die so vereinbarte Folgeversammlung statt, lehnte es jedoch reit klarer Mehrheit ab, für den Antragsteller die genannte Ausnahmeregelung zu beschließen. Mit seinem am 27.05.1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 26.05.1997 begehrt der Antragsteller daraufhin die Feststellung, daß der Beschluß vom 27.03.1996 nichtig sei, daß die Verwalterin den Kabelanschluß rückgängig zu machen habe und daß er nicht verpflichtet sei, die Kosten für den Kabelanschluß und dessen Rückabwicklung anteilig zu übernehmen.
Die Antragsgegner sind diesem Begehren entgegengetreten. Auf die für diese Wohnanlage maßgebende Teilungserklärung vom 07.10.1981, auf den Gang und den Inhalt des genannten Vorverfahrens UR II 855/96 WEG sowie auf die gewechselten Schriftsätze darf ergänzend Bezug genommen werden.
II.
Der Antrag ist zutreffenderweise im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend gemacht worden, denn es geht um die Gültigkeit eines Versammlungsbeschlusses gemäß den §§ 23 Abs. 4 und 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG. Diese Bestimmungen sind nicht nur auf eine rechtzeitige Beschlußanfechtung beschränkt, sondern umfassen auch die Möglichkeit, feststellen zu lassen, daß ein solcher Beschluß nichtig ist. Das für eine derartige Feststellung erforderliche Rechtsschutzinteresse liegt stets darin, daß der beanstandete Beschluß in einem Versammlungsprotokoll als zustande gekommen ausgewiesen ist und daher den Rechtsschein begründet, für die ganze Gemeinschaft verbindlich zu sein. Aus dem genannten Vorverfahren kann ferner der Einwand der Rechtskraft nicht hergeleitet werden, denn dieses Vorverfahren endete mit einem Vergleich, und so ist es dort gerade nicht zu einem rechtskräftigen Tenor dahin gekommen, der beanstandete Beschluß sei gültig.
Sachlich konnte der Antrag jedoch keinen Erfolg haben.
Denn ein Versammlungsbeschluß kann nur dann nichtig sein, wenn er im Sinne des § 134 BGB gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder wenn sein Inhalt im Sinne des § 138 BGB mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Beides ist hier nicht erkennbar. Ein privatrechtliches Verbot, an einer Eigentumswohnanlage bauliche Veränderungen durchzuführen, gibt es nicht, denn § 22 Abs. 1 WEG statuiert gerade eben diese Möglichkeit, fordert aber je nach den Umständen des Einzelfalles die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer. Wird nun eine bauliche Veränderung mehrheitlich beschlossen, so ist dieser Beschluß gültig, wenn er nicht angefochten wird. Das war bei dem genannten Vorbeschluß auch dann der Fall, wenn an sich die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer erforderlich gewesen wäre. Dieses etwaige Erfordernis einer allseitigen Zustimmung kann also stets nur im Wege eines rechtzeitigen Beschlußanfechtungsantrags geltend gemacht werden.
Der Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG und damit das Erfordernis dieser allseitigen Zustimmung können beim beschlossenen Kabelanschluß nicht nur darin liegen, daß der Anschlußunwillige mit dem anteiligen Installations- und laufenden Betriebskosten belastet wird. Der Nachteil kann vielmehr auch daraus bestehen, daß in das Grundrecht der Informationsfreiheit, hier in der Form der negativen Rundfunkfreiheit, eingegriffen wird. Doch auch dieser Eingriff führt keineswegs zur Nichtigkeit des Versammlungsbeschlusses. Denn Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte gegen staatliche Eingriff...