Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Beschlußanfechtung

 

Tenor

1) Der in der Eigentümerversammlung vom 17.11.1987 zu Tagesordnungspunkt 2 c gefaßte Beschluß über die Genehmigung der Jahresabrechnung 1986/87 wird für ungültig erklärt.

2) Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Gerichtskosten. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

3) Der Geschäftswert wird auf 50.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümer einer mit der Nummer 11 bezeichneten gewerblichen Einheit in dem eingangs genannten Anwesen in München und gehört als solche der sich im übrigen aus den Antragsgegnern zusammensetzenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in diesem Anwesen an, das von der Firma Sendlbeck verwaltet wird. Nach der für diese Wohnanlage maßgebenden Teilungserklärung vom 09.08.1968 besteht dieser Komplex aus 556 Einheiten, wobei der als Gaststätte an den „Wienerwald” verpachteten Einheit der Antragstellerin ein Miteigentumsanteil von 120,73/10.000 zugeordnet ist. Gemäß § 9 Abs. IV der Gemeinschaftsordnung läuft das Wirtschaftsjahr jeweils zum 30. Juni, und nach dem vorangehenden Abs. III Nr. 2 sind die Kosten nach Miteigentumsanteilen umzulegen. Entsprechend der Praxis aus den Vorjahren enthält die von der Verwalterin vorgelegte Gesamtabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1986/1987 in ihren Positionen A II Nrn. 2, 3 und 9 eine direkte Zuordnung von Kosten für Kaltwasser, Kanal und Müllabfuhr auf die Einheit der Antragstellerin.

Nachdem diese Gesamtabrechnung fertiggestellt war, lud die Verwalterin unter dem 16.10.1987 zu einer Eigentümerversammlung, die am 17.11.1987 stattfinden und in der

  • als Punkt 2 c

    die Genehmigung der Jahresabrechnung 1986/87 und die Entlastung

auf der Tagesordnung stehen sollten. Diese Versammlung fand dann auch wie vorgesehen statt, war nach dem vorgelegten Protokoll jedoch nicht beschlußfähig, so daß die Verwalterin aufgrund eines entsprechenden Beschlusses vom 27.10.1983 zur Ersatzversammlung überging. Diese hatte unter dem genannten Tagesordnungspunkt schließlich über folgenden Antrag zu entscheiden:

Die Jahresabrechnung 1986/87 wird genehmigt und der Verwaltung die Entlastung erteilt.

Dieser Antrag wurde mit 261 Ja-Stimmen gegen 16 Nein-Stimmen mehrheitlich angenommen.

Mit bei Gericht am 16.12.1987 eingegangenem Schriftsatz vom 15.12.1987 ficht nun die Antragstellerin diesen Beschluß in der Meinung an, eine solche direkte Kostenzuordnung finde in der Gemeinschaftsordnung keine Stütze,

so daß die Antragstellerin letztlichbeantragt,

diesen Beschluß in Bezug auf die genannten Kostenpositionen für ungültig zu erklären,

während die Antragsgegnerbeantragen,

diesen Antrag zurückzuweisen,

weil der beanstandete Beschluß nur eine von Anfang an geübte Praxis fortsetze, die ihre Rechtfertigung darin finde, daß die streitige Einheit gegenüber vergleichbaren Einheiten unterbewertet sei.

Auf die für diese Wohnanlage maßgebende Teilungserklärung, auf die eingereichten Beschlußgrundlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze darf ergänzend Bezug genommen werden.

II.

Der Antrag ist zutreffenderweise im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend gemacht worden, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG. Als Eigentümerin ihrer Wohnung ist die Antragstellerin auch befugt, eine solche Überprüfung zu veranlassen. Ihr Antrag ist ferner rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist bei Gericht eingegangen. Darüber hinaus sind Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags weder vorgebracht noch ersichtlich.

Formell ist zwar der Beschluß in jeder Beziehung ordnungsgemäß zustande gekommen, doch war dem Antrag inhaltlich stattzugeben.

Denn die genannte direkte Zuordnung von Kosten war von Anfang an mit der für diese Wohnanlage maßgebenden Gemeinschaftsordnung nicht zu vereinbaren, und es ist ständige gerichtliche Praxis, dem Wunsch nach einer Rückkehr zur Gemeinschaftsordnung auch dann zu entsprechen, wenn man über Jahre hinweg von dieser abgewichen sein sollte. Solche Abweichungen ändern nicht die Teilungserklärung ab, sie sind vielmehr lediglich für das jeweilige Wirtschaftsjahr nur deshalb verbindlich geworden, weil sie niemand angefochten hat. Die Beschlüsse der bisherigen Jahre über eine solche direkte Kostenzuordnung präjudizieren daher nicht den nunmehr streitig gewordenen Vorgang.

Wie in der mündlichen Verhandlung eingehend besprochen, ist die Teilungserklärung solange gültig und muß daher von der Verwalterin auch solange vollzogen werden, als sie in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren nicht rechtskräftig aufgehoben wird. Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, daß die Teilungserklärung und die in ihr getroffenen näheren Regelungen des Inhalts des Sondereigentums die Grundlage des jeweiligen Erwerbs gebildet haben und daß das Vertrauen der Erwerber in den Fortbestand dieser rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlage nicht untergraben werden darf. Die Teilungserklärung ist im Grundbuch vollzogen worden und nimmt so teil am Grundsatz der Grundbuchklarheit und Grundbuchsicherheit. Dieser Ausgangspunkt...

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