Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Angemessenheit einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze eines sittenwidrigen Rechtsgeschäftes finden auch auf Honorarvereinbarungen von Rechtsanwälten Anwendung.
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EURO ;2 231,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.09.08 zuzüglich EURO ;272,87 vorgerichtliche Kosten zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei zu 1/4, die Beklagtenpartei zu 3/4.
3.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann von dem Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Der Streitwert wird auf EURO ;3 000,- festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückzahlung bereits gezahlten Rechtsanwaltshonorars.
Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Der Kläger bat den Beklagten, eine Strafverteidigung für Herrn X. zu übernehmen. Dieser hatte den Kläger beauftragt, den Beklagten als Verteidiger zu gewinnen. Ein Pflichtverteidiger war Herrn X. bereits am 28.12.07 beigeordnet worden. Der Kläger, der nur unzureichend deutsch spricht, begab sich in dieser Angelegenheit am 08.01.08 in die Kanzleiräume des Beklagten und zahlte dem Beklagten nach der Unterzeichnung einer mit dem Begriff "Honorarvereinbarung" überschriebenen Vereinbarung den bereits in einem vorherigen telefonischen Gespräch vereinbarten Betrag von EUR 3 000,00. Hinsichtlich des Inhalts der "Honorarvereinbarung" wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Vereinbarung vollumfänglich Bezug genommen.
Am 11.01.08 bestellte sich der Beklagte im Verfahren gegen X. Az. vvvvv bei der Staatsanwaltschaft . An diesem Tag fuhr der Beklagte von Grünwald in Begleitung eines Dolmetschers in die JVA Ravensburg, um mit Herrn X. das Verfahren zu besprechen, wofür der Beklagte bei einfacher Strecke von 191 Kilometern insgesamt sechs Stunden unterwegs war. Mit Schreiben vom 07.01.08 hatte der Beklagte nach einer telefonischen Vorbesprechung von 20 Minuten einen Besuchsschein für den Kläger sowie Herrn X. beantragt. Am 11.01.08 erhielt der Beklagte von der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht über 66 Seiten vorläufige Ermittlungsakte, die der Beklagte in 2 Stunden durchgearbeitete. Mit Schreiben vom 30.01.08 erstattete der Beklagte Herrn X. Bericht. Am 26.02.08 beantragte der Beklagte einen Dauerbesuchsschein für den Kläger und Herrn X. was 15 Minuten in Anspruch nahm. Am 30.01.08 beantwortete der Beklagte telefonisch Fragen der Kriminalpolizei Friedrichshafen zur Auswertung des Mobiltelefons von Herrn X. Der Beklagte beantwortete ferner die Schreiben des Herrn X. aus der Untersuchungshaft vom 06.02., 15.02. und 11.03.08. Mit Schriftsatz vom 03.03.08 beantragte der Beklagte nach einem Herzinfarkt des Herrn X. die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise seine Außervollzugsetzung, wofür insgesamt vom Beklagten 1,5 Stunden aufgewendet wurden. Am 13.03.08 wurde das Mandatsverhältnis mit dem Beklagten gekündigt.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe versprochen, Herrn X. binnen drei Monaten aus der JVA zu holen. Bedingung hierfür sei der Abschluss der Honorarvereinbarung sowie die Zahlung der EUR 3 000,00 in bar gewesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Honorarvereinbarung aufgrund formaler Mängel, aufgrund einer Täuschung über die Höhe der Mehrwertsteuer sowie aufgrund eines Verstoßes der Höhe nach gemäß § 138 BGB unwirksam, jedenfalls aber unangemessen hoch bemessen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 3 000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.08 so wie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 316,18 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er sei neben dem Verfahren der StA auch für das Verfahren des Landgerichts , einem Europäischen Haftbefehlsverfahren mandatiert worden, in letzterem allerdings vom Beschuldigten, Herrn X.
Der Beklagte behauptet, der Kläger habe jedenfalls freiwillig und vorbehaltlos die Pauschale für das "Vorverfahren" geleistet, eine Rückforderung sei deshalb ausgeschlossen.
Der Kläger ist der Auffassung, die vorliegenden Umstände würden die Höhe der Vergütungsvereinbarung rechtfertigen, auch sei eine Kappung des aufgrund einer Vergütungsvereinbarung getroffenen Honoraranspruchs eines Strafverteidigers verfassungswidrig.
Ergänzend wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 10.02.09 sowie 10.12.09. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 02.04.09 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Rechtsanwaltskammer München. Auf das schriftliche Gu...