Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten den Rückbau baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum.

Klägerin und Beklagter sind Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft …, deren Verwalterin … ist.

In der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 30.05.2017 genehmigten die Eigentümer dem Beklagten durch mehrheitlichen Beschluss zu TOP 9 (Anlage K1) die Errichtung einer Dachterrasse am Schrägdach des Anwesens … samt Dachausstieg. Auf die Anfechtung der Klägerin hin erklärte das Amtsgericht München mit Urteil vom 02.05.2018, Az.: 485 C 11916/17 WEG, diesen Beschluss für ungültig (Anlage K3). Nach dem Hinweis des Landgerichts München I durch Beschluss vom 12.04.2019, Az.: 36 S 7511/18 WEG, nahm der Beklagte die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung mit Schriftsatz vom 03.06.2019 zurück (Anlage K4).

Der Beklagte errichtete den Dachaustritt (4 m Länge × 2 m Breite) am Schrägdach des Anwesens als rechteckige Plattform, aufgeständert auf zwei Stahlträger. Am nördlichen und östlichen Ende des Dachaustritts ist zur Absturzsicherung ein Geländer aus Stahl montiert (Höhe ca. 120 cm). Zur Herstellung des Ausstiegs baute der Beklagte in die südliche, zur … gerichtete Dachfläche des Eckgebäudes … anstelle des bisherigen Dachflächenfensters (114 cm Breite × 118 cm Höhe) ein größeres Dachflächenfenster (260 cm Breite × 170 cm Höhe), unterteilt in drei gleich große Fensterelemente ein. Die in der südlichen Dachfläche vorhandene Öffnung (114 cm Breite × 118 cm Höhe) vergrößerte der Beklagte (260 cm Breite × 170 cm Höhe).

Das Schrägdach des Anwesens steht im Gemeinschaftseigentum.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.12.2019 (Anlage K5) forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 23.12.2019 erfolglos zur Beseitigung auf.

In der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 08.09.2020 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich unter TOP 7 die Vergemeinschaftung der Ansprüche auf Rückbau der von dem Beklagten vorgenommenen hier streitgegenständlichen baulichen Maßnahmen (Anlage B1). Dieser Beschluss wurde von der Klägerin angefochten. Das Anfechtungsverfahren wird am Amtsgericht München unter dem Az.: 1295 C 17749/20 WEG geführt und ist noch nicht abgeschlossen.

Am 14.06.2021 ging beim Amtsgericht München ein Schreiben der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft … unter dem Az.: 485 C 3241/20 WEG ein. Dieses lautet auszugsweise wie folgt (Bl. 58 d.A.):

„Namens und in Vollmacht der WEG …, bringen wir in Bezug auf das hiesige Verfahren und dem individuellen Vorgehen der Klägerin den entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zum Ausdruck.

Es ist der Wunsch und Wille der Gemeinschaft, die Rückbauansprüche gegen den Beklagten selbst geltend zu machen, um insbesondere die Rückbauansprüche der vom Beklagten gegenüber der WEG geltend gemachten Forderung von Euro 111.651,33 entgegenhalten zu können. Aus diesem Grund hat die Gemeinschaft in der Eigentümerversammlung vom 08.09.2020 unter TOP 7 die Geltendmachung und Durchsetzung der Rückbauansprüche durch Beschluss an sich gezogen.”

Die Klägerin ist der Ansicht, die Rechtsprechung des BGH zum Verlust der Prozessführungsbefugnis nach Inkrafttreten des WEMoG sei hier nicht anwendbar, da eine Beschlussfassung vorliege aus der sich ein kollusives Zusammenspiel der Wohnungseigentümergemeinschaft und des Beklagten ergebe. Der Beschluss zur Vergemeinschaftung des Rückbauanspruchs sei eine Finte des Beklagten und seines Prozessbevollmächtigten, auf die sich die Gemeinschaft willig eingelassen habe. Die Eigentümergemeinschaft habe dem Beklagten die Errichtung der Dachterrasse am Gemeinschaftseigentum mit Beschluss zu TOP 9 der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 30.05.2017 gegen dessen Kostenübernahme und Durchführung der Teilsanierung des angeblich sanierungsbedürftigen Dachstuhls gestattet. Trotz der rechtskräftig festgestellten Ungültigkeit des Beschlusses habe der Beklagte während der laufenden Verfahren den Dachaustritt errichtet und angeblich den Dachstuhl im Bereich seiner Wohnung saniert. Lediglich zum Schein habe der Beklagte in der Eigentümerversammlung vom 08.09.2020 unter TOP 6 (Anlage B1) die Erstattung seiner behaupteten Renovierungskosten in Höhe von 111.651,33 EUR beantragt um seine Dachterrasse trotz Beschlussanfechtung behalten zu können. Der Erstattungsanspruch sei durch die Eigentümer ebenso zum Schein mehrheitlich abgelehnt worden. Die Vergemeinschaftung des Rückbauanspruchs sei beschlossen worden um den Beseitigungsanspruch der Klägerin zu torpedieren, um im Vergleichswege mit dem Beklagten die Gestattung des Dachterrassenaustritts gegen den Erlass der beim Beklagten angefallenen Renovierungskosten für den Dachstuhl wiederzubeleben.

Bei der streitgegenstän...

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