Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung
Tenor
1.
Die Annahme des Kindes M. S. H., durch S. H., und A. H., gemäß der Entscheidung des Federal First Instance Court der Demokratischen Republik Äthiopien, Az.: 112349 , vom 28.04.2008, wird anerkannt.
2.
Das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern ist nicht erloschen.
Das Annahmeverhältnis steht in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht des Annehmenden einem nach deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleich (§ 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 AdWirkG).
Das Kind erhält aber die Rechtsstellung eines nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kindes (§ 3 Abs. 1 AdWirkG).
3.
Das Kind erhält die Vornamen "K. M.".
Gründe
Der Antrag der Annehmenden auf Feststellung der Anerkennung der oben genannten ausländischen Adoptionsentscheidung ist begründet.
Das Amtsgericht Nürnberg ist zuständig gemäß § 43b Abs. 1 und 2 FGG. Die Antragsberechtigung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 AdWirkG.
Da die Demokratische Republik Äthiopien dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 29.05.1993 nicht beigetreten ist, war gem. § 16a FGG zu prüfen, ob Ausschlussgründe einer Anerkennung der Entscheidung entgegenstehen. Die Anerkennung ist nach § 16a Nr. 4 FGG insbesondere dann ausgeschlossen, wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten, offenbar unvereinbar wäre.
Bedenken bezüglich der Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung bestanden ursprünglich deswegen, weil die Adoptiveltern das anzunehmende Kind erstmals persönlich kennen lernten, als ihre Elternschaft bereits rechtlich ausgesprochen war. Sie wurde auch nicht persönlich vom entscheidenden Gericht angehört. Zu den Grundprinzipien des deutschen Adoptionsrechts zählt die Ausrichtung der Adoption am Kindeswohl, insbesondere die Prüfung, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits besteht oder sein Entstehen zumindest erwartet werden kann. Das deutsche Recht sieht hierfür eine Adoptionspflegezeit vor, in der die Grundlage für die Prognose der Erwartbarkeit eines Eltern-Kind-Verhältnisses geschaffen werden sollen (§ 1744 BGB). Die rechtliche Anpassung des neu entstandenen Eltern-Kind-Verhältnisses durch eine Adoption kann nach den Vorstellungen des Gesetzes erst nach einer bereits verfestigten oder zumindest erwartbaren Veränderung des tatsächlichen Beziehungsgeflechts erfolgen, wenn sie (gesichert) dem Kindeswohl dient. Die rechtliche Neuzuordnung eines Kindes an andere Eltern setzt daher grundsätzlich einen unmittelbaren persönlichen Kontakt der Adoptionsbewerber mit dem anzunehmenden Kind vor der Adoption voraus.
Andererseits ist festzuhalten, dass es sich bei § 1744 BGB, wonach eine Annnahme in der Regel erst ausgesprochen werden soll, wenn eine angemessene Adoptionspflegezeit stattgefunden hat, um eine Soll-Vorschrift handelt, deren Nichteinhaltung auf die Wirksamkeit der Adoption keinen Einfluss hat. Wenn aber schon nach deutschem Recht die Nichteinhaltung der Adoptionspflegezeit nicht zur Unwirksamkeit der Adoption führt, so kann eine fehlende Adoptionspflegezeit bei einer im Ausland durchgeführten Adoption jedenfalls dann nicht zu einer Versagung der Anerkennung führen, wenn auf andere Weise die Frage, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis zu erwarten ist, positiv beantwortet werden kann. Von einem bereits entstandenen Eltern-Kind-Verhältnis kann auch bei einem vorherigen Kennenlernen der Adoptionsbewerber und des Kindes bei einer Auslandsadoption in aller Regel ohnehin nicht ausgegangen werden, da die Zeit des Kennenlernens oft nur wenige Tage oder Wochen beträgt.
Im vorliegenden Fall hat durch die Adoptionsvermittlungsstelle eine besonders gründliche Eignungsprüfung der Adoptiveltern stattgefunden. Die Antragsteller wurden von ihrem örtlichen Adoptionsdienst hinsichtlich ihrer allgemeinen Eignung zur Adoption und anschließend durch die Adoptionsvermittlungsstelle hinsichtlich ihrer speziellen Eignung zur Adoption eines äthiopischen Kindes positiv überprüft und auf die besondere Aufgabe, ein Kind so anzunehmen, wie es ist, vorbereitet. Dies geschah in persönlichen Gesprächen und in einem Vorbereitungsseminar, bei dem die erste Begegnung mit dem Kind im Zentrum steht. Auch das Kind wurde auf die neuen Eltern von Sozialarbeitern der Adoptionsvermittlungsstelle in Äthiopien anhand eines Fotoalbums den Antragstellern vorbereitet. Bei der derartigen Vorgehensweise ist davon auszugehen, dass dem Kindeswohl in gleicher Weise Rechnung getragen wird, wie bei einer "üblichen" Auslandsadoption, bei der die Bewerber das Kind kurz kennenlernen und zu einem Gerichtstermin erscheinen müssen.
Die Adoption ist demnach wirksam.
Diese Adoption steht in Hinblick auf das neu entstandene Eltern-Kind-Verhältnis einer Adoption nach den deutschen Sachrechtsvorschriften nicht gleich, sondern nur bezü...