Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Tenor
Die Klage wird als zur Zeit unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage auf Zahlung des Nachzahlungsbetrages von 19,03 DM aus der Nebenkostenabrechnung vom 20.06.91 ist zur Zeit noch nicht fällig, was sich aus folgendem ergibt.
Die Beklagte hat unstreitig ein Recht zur Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Originalbelege in den Büroräumen der Klägerin (§§ 810, 811 BGB). Im Zeitalter fortgeschrittener Kopiertechnik ist ihr aber daneben im Wege ergänzender Auslegung des Mietvertrags nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) ein Anspruch gegen die Klägerin auf Übersendung von Kopien der Belege zuzusprechen (vergl. z.B. Sternel, Mietrecht, 3. Auflage 1988, III 371 mit Nachweisen in Fußnote 104). In analoger Anwendung des § 811 Abs. 11 Satz 2 BGB kann der Vermieter allerdings die Übersendung der Kopien von einer vorherigen Erstattung der Kosten abhängig machen.
Die Beklagte hat im vorliegenden Fall Kopien der Belege zu den Positionen „Grundabgaben, Hauswartlohn, Fernsehkabelgebühr und Kalt- und Abwasser” erbeten. Die Klägerin hat daraufhin die Anzahl der erforderlichen Kopien festgestellt (26 Stück) und die Übersendung der Kopien von der Zahlung von 86,64 DM abhängig gemacht (1,– DM pro Kopie; 50,– DM Bearbeitungsgebühr; 14 % Mehrwertsteuer) und ist trotz der Einwendungen der Beklagten zur Höhe dieses Betrages bei ihrer Forderung geblieben.
Die von der Klägerin verlangten Kosten sind weit überhöht. Die in der BRAGO (§ 27 Abs. 2) und im Gerichtskostengesetz (§ 11 in Verbindung mit Nr. 1900 des Kostenverzeichnisses) vorgesehenen Schreibauslagen von 1,– DM pro Seite sind nicht zugrunde zu legen, da diese Gesetze für den Kostenerstattunganspruch der Klägerin keine Anwendung finden. Die wahren Kosten für eine DIN-A4-Kopie betragen 0,10 DM. Für eine „Bearbeitungsgebühr” gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Kostenerstattung für Briefumschlag, Umschlagsbeschriftung und Porto sind auf 5,– DM zu schätzen. Die Klägerin hätte die Übersendung der Belege also nur von der vorherigen Zahlung von 8,67 DM (2,60 DM für 26 Kopien; 5,– DM für die Übersendungskosten; 14 % Mehrwertsteuer) abhängig machen können.
Die Nichterfüllung des Anspruchs der Beklagten aus dem Mietvertrag auf Übersendung von Kopien der der Abrechnung zugrunde liegenden Belege gegen angemessener Kostenerstattung führt im vorliegenden Fall nicht zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten gegen Übergabe der Belegkopien (§§ 273, 274 BGB). Ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 BGB entsteht nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur dann, „sofern nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein anderes ergibt.” Hier ergibt sich „ein anderes” aus dem Schuldverhältnis. Da der Anspruch des Mieters auf die Belegkopien gegen Kostenerstattung gerade der Nachprüfung der Abrechnung dienen soll, ist im vorliegenden Fall die Nichtfälligkeit des Abrechnungsbetrages die Rechtsfolge der Verletzung der Verpflichtung der Vermieterin zur Übersendung von Belegkopien gegen angemessene Kostenerstattung.
Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Fundstellen