Tenor

1.) Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.09.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, welcher sich am 10.08.2010 an der M. Straße ereignet hat.

Die Klägerin befuhr mit ihrem Fahrrad stadteinwärts den rechts der Straße gelegenen Radweg. Der Beklagte stand an der Bushaltestelle …straße. Er las den Fahrplan, welcher an dem Pfahl des Haltestellenschildes angeschlagen ist. Dabei stand er auf dem Radweg. Als die Klägerin sich annäherte, wollte sie vor dem Beklagten nach rechts auf den Gehweg ausweichen. Der Beklagte wiederum sprang zurück, als er die Klägerin bemerkte. Auf dem Gehweg stießen die Parteien zusammen und fielen beide zu Boden.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils vom 20.06.2011 im Rechtsstreit 52 C 290/10 dieses Gerichts verwiesen, in welchem umgekehrten Rubrums die Schadenersatzansprüche des jetzigen Beklagten verhandelt wurden.

Die Klägerin trägt vor, sie habe durch den Sturz eine Radiusköpfchenfraktur am linken Ellenbogen erlitten. Sie habe für 3 bis 4 Wochen einen Gipsverband tragen müssen und danach für mehrere Wochen eine Gipsschiene. Sie sei ca. 3 Monate lang arbeitsunfähig gewesen. Sie habe in erheblichem, zeitlichem Umfang Arztbesuche und Krankengymnastikbehandlungen auf sich nehmen müssen. Darüber hinaus hätte sie monatelang den linken Arm nicht richtig bewegen können, wodurch ihre Möglichkeiten erheblich eingeschränkt gewesen seien, ihren Alltag zu bewältigen.

Die Klägerin hat sich geäußert, dass sie ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 1.500,00 Euro für angemessen halte.

Sie beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihr ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 186,24 Euro neben Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Klägerin den Unfall selbst verschuldet.

Bezüglich der Verletzungsfolgen meint er, die Ansprüche seien unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar.

Das Gericht hat im beiderseitigen Einverständnis der Parteien die Zeugenaussagen aus dem Vorprozess urkundlich verwertet.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten wegen des Unfalls dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz von 50 Prozent ihres Schadens zu.

Wie bereits im Vorprozess festgestellt wurde, beruhte das Unfallgeschehen auf unvorsichtiger Verhaltensweise der Parteien. Die Klägerin hat nicht vorausgesehen, dass der Beklagte eventuell ausweichen würde, wenn sie auf ihn zuführe und der Beklagte hat durch seinen Aufenthalt auf dem Radweg dafür gesorgt, dass die Klägerin überhaupt erst ausweichen musste. Hätten die Parteien aufeinander geachtet, wäre der Unfall leicht zu vermeiden gewesen.

Der Klägerin steht wegen der erlittenen Verletzungen und Unfallfolgen auch unter Berücksichtigung eines eigenen Mitverschuldensanteils von 50 Prozent ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro zu.

Das Gericht hat hierbei berücksichtigt, dass sie Monate arbeitsunfähig war, wochenlang erst einen Gips und dann eine Schiene tragen musste und insbesondere der linke Arm in seiner Benutzbarkeit stark eingeschränkt war.

Der Beklagte hat diesen vereinzelten Vortrag nicht bestritten, sondern als nicht nachvollziehbar gerügt. Damit ist der Vortrag mangels ausdrücklichen Bestreitens zugestanden. Soweit der Beklagte rügt, dass er ein Attest nicht gesehen hätte, ist darauf hinzuweisen, dass dieses von der Klägerin bereits im Vorprozess überreicht wurde.

Soweit das Gericht mit der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes eventuell die Vorstellungen der Klägerin bezüglich der Angemessenheit überschritten hat, war es daran nicht gemäß § 308 ZPO gehindert, weil eine Bindung insoweit nicht besteht.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 291 BGB. Für einen früheren Verzugsbeginn hat die Klägerin nichts vorgetragen, insbesondere hat sie vorprozessual noch keinen bezifferten Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht.

Aus diesem Grund stehen ihr auch keine vorprozessualen Anwaltskosten zu; das Schreiben vom 24.09.2010 verhielt sich über die Abwehr des vom jetzigen Beklagten geltend gemachten Anspruchs.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

Der Streitwert beträgt 1.500 Euro.

 

Unterschriften

Magnus Richter am Amtsgericht

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3326783

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