Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Vergütung eines Insolvenzverwalters. Antrag auf Festsetzung der Mindestvergütung nach der Insolvenzvergütungsverordnung (InsVV). Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der neu geregelten InsVV. Grundrechtlich geschütztes Recht eines Insolvenzverwalters auf Erhalt einer angemessenen Vergütung. Berücksichtigung der Zahl der Gläubiger bei der Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters
Leitsatz (redaktionell)
Die in § 2 Abs. 2 InsVV vorgesehene Mindestvergütung von 1.000,00 EUR ist verfassungswidrig. Sie ist verfassungskonform auf 1.600,00 EUR anzuheben.
Normenkette
InsVV § 2 Abs. 2, 1, § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wird die Vergütung des Insolvenzverwalters auf EUR 1.600,– Vergütung, EUR 240,00 Auslagen, EUR 294,40 Umsatzsteuer, insgesamt EUR 2.134,40 festgesetzt.
Gründe
Auf Antrag des Schuldners wurde das Insolvenzverfahren unter dem 29. April 2004 eröffnet und dem Schuldner Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO gewährt.
Mit dem Schlussbericht vom 18. Oktober 2004 hat der Insolvenzverwalter beantragt, seine Vergütung festzusetzen. Als Berechnungsgrundlage gibt er einen Betrag von EUR 80,00 an. Da die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV hinter der Mindestvergütung des § 2 Abs. 2 InsVV zurückbleibt, beantragt der Insolvenzverwalter die Festsetzung der Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV. Da die Mindestvergütung des § 2 Abs. 2 InsVV unangemessen niedrig sei, beantragt der Insolvenz Verwalter eine Anhebung auf EUR 2.000,00 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 26. 3. 2004 (35 IN 68/03, ZInsO 2004,. 383 (Ls.) = ZIP 2004, 673 = ZVI2004, 209 = NZI 2004, 272 [AG Potsdam 26.03.2004 – 35 IN 68/03]).
In dem Verfahren haben sechs Gläubiger Forderungen angemeldet. Daneben begehrt der Insolvenzverwalter pauschalierte Auslagen nach § 8 Abs. 3 InsVV sowie Ersatz für Zustellungskosten.
II.
Für dieses Verfahren findet die InsVV in der Fassung der Änderung vom 4. Oktober 2004 Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 InsVV n.F. wäre die, Vergütung in Höhe der Mindestvergütung von EUR 1.Ö00,00 festzusetzen. Dies begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken.
Die Festlegung der erhöhte Mindestvergütung des § 2 Abs. 2 InsVV n.F. erfolgte nach der Begründung der Verordnung auf der Basis einer im Auftrag des Ministeriums vorgenommenen Erhebung durch Prof. Hommerich. Dabei wurde in Regelinsolvenzverfahren eine durchschnittliche Anzahl von 29 Gläubigern pro Verfahren bei durchschnittlichen Kosten von EUR 1.800,00 inkl. anteiliger Gemeinkosten (also Auslagen im Sinne von § 8 InsVV) festgestellt. Auch wenn hierzu explizit nichts in der Begründung ausgeführt wird, ist dieser Betrag als Nettobetrag aufzufassen; Der Vergleich der erhöhten Netto-Mindestvergütung ohne Auslagen erfolgte jeweils mit dem ermittelten Kostenbetrag, der daher auch als Nettobetrag verstanden werden kann.
Unter Anwendung des § 2 Abs. 2 InsVV n.F. kann ein Insolvenzverwalter in einem solchen durchschnittlichen Verfahren mit 29 Gläubigern eine Brutto-Vergütung von EUR 2.134,40, d.h. eine Mindestvergütung von EUR 1.600,00, Auslagen von EUR 240,00 und einen Steuerausgleich von EUR 294,40 verlangen. Diese stehen den von Prof. Hommerich erhobenen durchschnittlichen Kosten in solchen Verfahren von EUR 2.088,00 brutto gegenüber. Bereits dies bedeutet eine Vergütung, welche um 2,22 % über den Kosten des Insolvenz Verwalters liegen. Die vom Verordnungsgeber hierbei auch herangezogene Erhebung des Instituts für freie Berufe (IFB) hat hierfür Bruttokosten von EUR 3.478,45 (EUR 2.998,66 netto) bei durchschnittlich 35 (genau 34,6) Gläubigern festgestellt. Die Bruttovergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV n.F. würde sich in diesem Modellfall auf Grund der Erhöhung der Gläubigerzahl auf einen Betrag von EUR 2.334,50 brutto erhöhen. Dies würde eine Unterdeckung zu Lasten des Insolvenzverwalters in Höhe von EUR 1.143,95 = 33 % bedeuten.
Die neu geregelte Mindestvergütung stellt daher bereits nach den Informationen des Verordnungsgebers eine Vergütung dar, die nicht geeignet ist die durchschnittlich entstehenden Kosten eines solchen Verfahrens zu decken und ist als verfassungswidrig anzusehen. Zwar kann angesichts der im Ergebnis unterschiedlichen Erhebungen nicht klar festgestellt werden, wodurch tatsächlich ein durchschnittliches Regelinsolvenzverfahren bestimmt wird und welche Kosten durchschnittlich einem Insolvenzverwalter hierdurch entstehen, doch dürfte das richtige Ergebnis zwischen den durch die Erhebungen wieder gegebenen Parametern zu finden sein. Ein Grund, warum die Erhebung von Prof. Honxmerich richtig und die des IFB falsch sein sollte, ist ebenso wenig erkennbar, wie ein Grund für eine gegenteilige Vermutung. Solange jedoch keine besseren Erkenntnisse vorhanden sind, müssen für die Beurteilung der Parameter eines durchschnittlichen Verfahrens sämtliche vorhandenen Erkenntnisse herangezog...