Leitsatz (amtlich)
Verweigert der Mieter die Ausbesserung eines Mangels unter Verweis darauf, es müsse der ursprüngliche optische Zustand der Mietsache wieder hergestellt werden, so verliert er die Minderungsrechte, wenn der vom Vermieter geplante Zustand hinzunehmen ist. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn die ästhetische Veränderung eine Anpassung an den modernen Zeitgeschmack ist, ohne modisch zu sein oder eine stimmige Komposition ungünstig visuell aufzubrechen.
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, 975,75 Euro an die Klägerin nebst Jahreszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 486,24 Euro seit 05.06.2010, aus 54,16 Euro seit 06.07.2010, aus 41,99 Euro seit 04.09.2010, aus jeweils 42,04 Euro seit 05.08.2010, 05.10.2010, 04.11.2010, 06.01.2011, 04.02.2011, 04.03.2011, 05.04.2011, 05.05.2011, sowie aus 15 Euro seit 26.07.2011 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Beklagtenseite trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 17%, die Klägerseite zu 83%.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Seite kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht vorher die andere Seite Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages leistet.
Streitwert: 5.262,63 Euro.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Räumung wegen Kündigung auf Zahlungsverzug sowie rückständige Miete, wobei die Beklagtenseite Minderung wegen Mietmängeln geltend macht.
Die Klägerseite ist Vermieterin, die Beklagtenseite Mieterin der streitgegenständlichen Wohnung in der Forststr. 140 in Stuttgart. Seit Juni 2010 kürzt die Beklagte die Bruttomiete von 501,24 Euro in unterschiedlicher Höhe.
Die Miete für Juni 2010 wurde nicht gezahlt (501,24 Euro). Die Miete für Juli 2010 wurde um 69,16 Euro gekürzt. Die Miete für September 2010 wurde um 56,99 Euro gekürzt. Die Miete für August 2010 wurde um 57,04 Euro gekürzt. Die Miete für Oktober 2010 bis einschließlich Mai 2011 wurde um jeweils 57,04 Euro gekürzt. Dies ergibt insgesamt einen Rückstand im Vergleich zur ungekürzten Bruttomiete von 1.140,75 Euro. Weiter erfolgten zu Lasten der Beklagten Bankrücklastkosten in Höhe von 15.- Euro, weil drei zur Lastschrift vorgelegten Mieten nicht eingelöst werden konnten. Daraus errechnet sich die Beklagte eine Forderung von 1.155,75 Euro.
Die Klägerseite erklärte mit Schreiben vom 13.05.2011 die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (Anlage K 2, Bl. 9 d.A.). Die Beklagte hat die Wohnung nicht geräumt und auch die geforderten Rückstände nicht bezahlt.
Die Klägerseite trägt mehrfach unter Beweisantritt vor (etwa Schriftsatz v. 10.10.2011, Bl. 138 ff. d.A.), dass die Beklagte die Mängelbeseitigung, insbesondere das Auswechseln des Bodens verhindert habe bzgl. der behaupteten Mängel innerhalb der Wohnung, insbesondere an Küche und PVC-Boden.
Die Klägerseite beantragt daher,
1.
die Beklagte zu verurteilen, die im Gebäude Forststr. 140, in 70193 Stuttgart im 2. Obergeschoss rechts gelegene Wohnung, mit Wohnungs-Nr. 10104/114/34 (vormals 10104.034.02) zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
2.
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.155,75 Euro nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 501,24 Euro seit 05.06.2010, aus 69,16 Euro seit 06.07.2010, aus 56,99 Euro seit 04.09.2010, aus jeweils 57,04 Euro seit 05.08.2010, 05.10.2010, 05.11.2010, 04.12.2010, 06.01.2011, 04.02.2011, 04.03.2011, 05.04.2011 und 05.05.2011, sowie aus 15.- Euro seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagtenseite beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagtenseite trägt vor, Mietrückstände bestünden nicht, da die Wohnung Mängel habe. Mängel seien mit Schreiben vom Mieterverein Stuttgart vom 17.09.2009 (Anlage B2, Bl. 25 d.A.) gerügt worden. In Anlage B2, Bl. 25 d.A. heißt es u.a. "Die Spüle in der Küche ist mangelhaft, die Schubladen sind defekt. Am vermieteten Spiegelschrank sind die Türen heruntergefallen. Der PVC in Flur und Küche ist auf Grund des jahrelangen Gebrauchs verschlissen und muss ausgetauscht werden. Die Wohnungstüren sind renovierungsbedürftig, da sie seit 20 Jahren nicht mehr gestrichen wurden."
Diese gerügten Mängel seien teilweise noch vorhanden, hinzu träten weitere. Bezüglich der Mängel wird im Verfahren vorgetragen, im Einzelnen könnten die Schubladen der mitvermieteten Küche nicht mehr aufgezogen werden, die Böden der Schubladen brächen durch. Die Schubladen könnten nicht mehr benutzt werden. Darüber hinaus seien die Kanten der mitvermieteten Küchenmöbel abgestoßen. Der PVC-Boden in Flur und Küche, der seit mindestens 1983 in der Wohnung ist, weise Risse auf und müsse ausgetauscht werden. Der PVC-Boden habe einen Riss bei der Balkontüre sowie im Übergang zwischen Flur und Küche. Im Flur befänden sich Risse im Übergang zwischen Flur und Wohnzimmer sowie ein langer Kratzer im Flur. Die Wohnungseingangstüre sei seit mindestens 20 Jahre nicht mehr gestrichen worden und dringend streichbedürftig, daneben seien sämtliche i...