Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Herausgabe

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: bis 8100,00 DM.

 

Tatbestand

Im Jahre 1969 hatte der Beklagte von der Neuen Heimat Baden-Württemberg die im 3. Obergeschoß des Gebäudes Fasanenhofstr. 15 in Stuttgart gelegene 3-Zimmer-Wohnung nebst Nebenräumen angemietet. Nach Ablauf der Sozialbindungsfrist und Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum kaufte der Kläger diese Wohnung am 06.07.1993 und wurde am 26.10.1993 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Noch vor Eintragung, am 06.09.1993 übergab der Kläger dem Beklagten anläßlich eines Gespräches in der Wohnung des Beklagten eine Eigenbedarfskündigung vom 01.09.1993. Ende Oktober 1994 rief der Kläger beim Beklagten an mit der Bitte, ihm Zugang zur Wohnung zu verschaffen, weil er noch einige Wohnungsmaße nehmen müsse. Am 31.10.1994 brachte der Kläger zum Ausmaßtermin einen schriftlich vorbereiteten Mietaufhebungsvertrag mit, den der Beklagte unterzeichnete. Nach dem Text des Mietaufhebungsvertrages kamen die Parteien überein, daß das Vertragsverhältnis zum 31.01.1995 beendet werden soll.

Nachdem der Beklagte die Mietzins raten für Januar und Februar 1995 nicht an den Kläger entrichtete, kündigte der Kläger darüber hinaus das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 14. Februar 1995. Die Rückstände wurden jedoch binnen Monatfrist beglichen (vergl. Bl. 56 GA).

Der Kläger ist der Auffassung,

nach dem Mietaufhebungsvertrag sei der Beklagte zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet. Bei dem Telefonat, das zum Besuch zum 31.10.1995 geführt habe, habe der Kläger den Beklagten darauf hingewiesen, man müsse noch über das Mietverhältnis reden, damit es nachher keine Schwierigkeiten gäbe. Die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes seien auf den geschlossenen Mietaufhebungsvertrag nicht anzuwenden.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, die im 3. Obergeschoß des Gebäudes Fasanenhofstr. 15, 70565 Stuttgart-Fasanenhof gelegene 3-Zimmer-Wohnung nebst Küche, Bad, Toilette, Balkon, Abstellraum, Kellerraum und Garage Nr. 12 zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

bei der Vereinbarung des Termins am 31.10.1994 habe der Kläger lediglich angekündigt, einige Maße in der Wohnung nehmen zu wollen.

Wegen Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage war abzuweisen, da dem Kläger gegenüber dem Beklagten kein Herausgabeanspruch weder nach § 985 BGB noch nach § 556 Abs. 1 BGB zusteht. Weder durch die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs noch durch den Mietaufhebungsvertrag ist das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis aufgehoben.

Die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist wegen der Nachzahlung des rückständigen Mietzinses in der Frist des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden.

Aus dem Mietaufhebungsvertrag kann der Kläger keinen Herausgabeanspruch herleiten, da dieser Vertrag unwirksam ist. Er wäre nämlich erst wirksam geworden, wenn der Beklagte ihn nicht binnen einer Frist von 1 Woche ab Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen hätte, §§ 1, 2 Haustürwiderrufsgesetz. Unstreitig ist der Beklagte über sein Widerrufsrecht nicht belehrt worden. Zumindest im Klagabweisungsantrag liegt der damit in freier Frist erklärbare Widerruf der Vereinbarung.

Der Mietaufhebungsvertrag fällt sowohl sachlich (§ 1 Haustürwiderrufsgesetz) als auch persönlich (§ 6 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz) unter die Vorschriften dieses Gesetzes.

Der Mietaufhebungsvertrag hat entgeltlichen Leistungscharakter, da durch ihn über die Überlassung der Mietwohnung gegen Zahlung eines Mietzinses verfügt worden ist. Ein Ausnahmefall nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz liegt nicht vor, da eine Bestellung des Beklagten nicht zu den Verhandlungen in der Wohnung des Beklagten geführt hat. Zur Annahme einer Bestellung wäre es erforderlich gewesen, daß der Kläger zumindest den Beklagten telefonisch darauf aufmerksam gemacht hätte, daß er mit ihm über den Abschluß eines Mietaufhebungsvertrages verhandeln will. Allein der Hinweis, man müsse über das Mietverhältnis reden, reicht hierzu nicht aus.

Auch ein geschäftsmässiges Handeln seitens des Klägers liegt vor. Zwar hatte das Bayrische Oberste Landesgericht (NJW 93, 2121, 2122) die Auffassung vertreten, ein Vermieter, der lediglich ein Haus mit 2 Wohnungen besitze und vermiete, handele bei Verträgen über Mieterhöhungen nicht geschäftsmässig im Sinne von § 6 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz. Diese Auffassung kann das Gericht indes nicht teilen. Auch eine Bindung der übergeordneten Gerichte an diesem Beschluß des Bayrischen Obersten Landesgerichtes l...

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