Leitsatz (amtlich)
Ein Busfahrer, der seinen Linienbus nicht den Witterungsbedingungen anpasst und dadurch andere Verkehrsteilnehmer behindert, begeht eine Verkehrsordnungswidrigkeit..
Tenor
Der Betroffene hat sein Fahrzeug nicht den Witterungsverhältnissen angepasst und behinderte dadurch andere. Gegen ihn wird eine Geldbuße von 40,-- Euro festgesetzt. Er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
Der Betroffene ist von Beruf Busfahrer.
Am 02.02.2010 gegen 16.00 Uhr fuhr er in V. mit einem Linienbus. Es hatte - wie auch in den Tagen zuvor - geschneit und die Straßen war mit Schnee- bzw. Schneematsch bedeckt. Das Fahrzeug - welches der Arbeitgeber dem Betroffenen zur Verfügung gestellt hat - war mit drei Sommerreifen und einem M+S Reifen ausgestattet. Alle vier Reifen hatten nahezu gradlinig verlaufende Hauptrillen und waren nachgeschnitten. Die Profiltiefe lag zwischen 6 - 10 mm. Der Betroffene hielt mit dem Fahrzeug an der Haltestelle Parkstraße in der Friedrich-Ebert Straße an um Fahrgäste aus- und einsteigen zu lassen. Danach wollte er die Fahrt fortsetzten. Die Straße ist an dieser Stelle leicht ansteigend. Aufgrund des Schnees bzw. des Schneematsche drehten die Reifen durch und der Bus rutschte zurück. Es gelang dem Betroffenen mit der ihm zur Verfügung stehenden Bereifung nicht, die Fahrt fortzusetzen. Er musste zur Sicherheit die Reifen mit Unterlegkeilen sichern, um eine weiteres Abrutschen zu Vermeiden. Aufgrund der Behinderung musste die Friederich-Ebert Straße in Fahrtrichtung Willy-Brandt-Platz kurzfristig gesperrt werden. Andere Fahrzeuge die mit Winterreifen ausgestattet waren, konnte die Stelle problemlos passieren.
Der Betroffene hat den Sachverhalt eingeräumt. Er hat sich dahingehend eingelassen, dass sein Arbeitgeber ihm das Fahrzeug so überlassen haben und er seinen Job riskieren würde, wenn er seinen Dienst nicht aufgenommen hätte und mit dem Bus so wie er war losgefahren wäre. Außerdem ist er unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 09.07.2010 (2 SsRs 220/09) (DAR 2010, 476ff) der Meinung, das er keine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen habe.
Der Betroffene hat gegen. § 2 Abs. 3a StVO verstoßen, da er sein Fahrzeug nicht den Witterungsverhältnissen entsprechende angepasst hat, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen ist. Er hätte die Fahrt nur mit einer Bereifung aufnehmen dürfen, welche die Gewähr bietet, dass er auch bei winterglatter Fahrbahn an Straßensteigungen ungefährdet anfahren kann. Hierzu hatte er zum einen wegen der konkreten Witterungsbedingungen - winterglatte Straßen - als auch grundsätzlich Anlaß: Zum Zeitpunkt des Tatvorwurfes hatte es schon geschneit gehabt und innerhalb der Regionen Essen-Velbert-Wuppertal sind häufig Straßen anzutreffen, welche teilweise erheblich Steigungen haben und an denen viel Schnee lag. Dies war auch dem Betroffenen bekannt.
Der Bußgeldtatbestand der §§ 49 Abs. 1 Nr. 2Abs. 3a S. 1, 2 StVO ist entgegen der Rechtsansicht des OLG Oldenburg vom 09.07.2010 (2 SsRs 220/09) auch nicht verfassungswidrig.
Das OLG Oldenburg hat hierzu unter anderem ausgeführt:
"Das Tatbestandsmerkmal "der an die Wetterverhältnisse angepassten, geeigneten Bereifung" nennt keine konkrete Bereifung für jeweils genau bezeichnete Wetterverhältnisse. Es stellt deshalb einen unbestimmten, wertausfüllungsbedürftigen Begriff dar (so auch Schubert, DAR 2006, 109, 117; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 40. Aufl. 2008, § 2 StVO Rn. 72 a)." und im weiteren dargelegt, dass "für den Bürger als Normadressat von § 2 Abs. 3 a StVO ist nicht erkennbar, ob und gegebenenfalls welche Reifen bei welchen Wetterverhältnissen als ungeeignet anzusehen sind (so auch Schubert, a.a.O. S. 116; vgl. auch König a.a.O. a.E.)." weil nach Ansicht des Oberlandesgericht "es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gebe, Statistisch aussagekräftige Daten zur Eignung oder Nichteignung von Sommerreifen liegen deshalb nicht vor. Es gibt damit weder einen naturwissenschaftlichen noch einen vergleichbaren Erfahrungssatz, nach dem Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen grundsätzlich ungeeignet sind (Schubert, a.a.O. S. 116; König, a.a.O.)" [alles zitiert aus [...]].
Diese Auslegung ist unzutreffend und für das Amtsgericht nicht bindend. Es kommt nicht darauf an, ob Sommerreifen grundsätzlich ungeeignet sind oder nicht. Das Führen eines Kraftfahrzeuges ist eine erlaubnispflichtige weil mit erheblichen Gefahren für andere Personen verbundene Tätigkeit. Jede Fahrzeugführer muss daher eine persönliche Eignung haben, mit dieser Gefahr verantwortungsbewusst umzugehen. Hierzu gehört es auch, dass der Fahrzeugführer dafür Sorge zu tragen hat, dass sein Fahrzeug nur dann in Betrieb gesetzt wird, wenn es so verkehrssicher wie nötig und möglich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist. Dabei dürfen an den Fahrzeugführer keine unzumutbaren Herausforderungen gestellt werden; er muss und darf sich auf einen anerkannten Wissenstand der Technik vertrauen. Dieser ...